Beim Kamingespräch des Stuttgarter Kompetenzzentrums Umwelttechnik berichteten Experten über die Folgen des wachsenden Plastikmülls.

Stuttgart - Plastikabfall ist inzwischen allgegenwärtig: „Es gibt kaum einen Platz auf der Erde, an dem ich beim Tauchen kein Plastik gefunden habe“, berichtet Franz Brümmer. Und der Biologe am Institut für Biomaterialien und biomolekulare Systeme der Uni Stuttgart verfügt als Präsident der Deutschen Sporttaucher über viel Taucherfahrung. So kann er mit Bildern von frei im Wasser schwimmenden Chips-tüten, überwachsenen Plastikflaschen am Meeresgrund oder Zäunen, an denen sich unzählige angewehte Plastiktüten ansammeln, augenfällig zeigen, wie schlimm das Problem an vielen Stellen der Welt ist.

 

Zusammen mit Christian Bonten vom Institut für Kunststofftechnik der Uni Stuttgart informierte Brümmer jetzt im Rahmen der Kamingespräche des Kompetenzzentrums Umwelttechnik (KURS) über das weltweite Problem von Plastikabfällen in der Umwelt. Klar wurde dabei, dass Plastikabfälle in Deutschland ein vergleichsweise geringes Problem darstellen – dank der beeindruckend hohen Sammel- und Recyclingquoten. Gleichwohl gelangen auch hierzulande 1,2 Prozent des Abfalls unkontrolliert in die Umwelt und findet sich dann zum Beispiel in Baggerseen.

Mikroplastik in Kosmetikprodukten

Wenn sich weggeworfene Tüten und Gegenstände aus Plastik durch Wind und Wetter zersetzen, entstehen winzig kleine Plastikteilchen: das Mikroplastik. Hinzu kommen Faserreste, die in der Waschmaschine vor allem aus Fleece-Pullovern herausgewaschen werden. Und schließlich gelangen auch noch die Miniteilchen in kosmetischen Produkten – vor allem Peelings – sowie in Shampoos und Zahnpasten über das Abwasser in Flüsse, Seen und schließlich ins Meer. Dabei enthalten manche dieser Produkte bis zu zehn Volumenprozent Mikroplastikkügelchen, wie Brümmer berichtet.

Wie schädlich sind nun diese winzigen Plastikteilchen für die Umwelt? Dass sich Wassertiere in Plastikringen oder aufgegebenen Geisternetzen verfangen, ist bekannt. Auch gibt es inzwischen zahlreiche Beispiele, dass Vögel und Reptilien bei vollem Magen verhungert sind, weil sie unverdauliche Plastikteile mit essbarer Nahrung verwechselt haben. Möglicherweise gilt dies auch für kleine wasserlebende Tiere wie etwa Wasserflöhe.

Untersuchungen an Wasserflöhen

Weitgehend unbekannt ist bislang allerdings, wie sich das aufgenommene Mikroplastik auf den Körper von Mensch und Tier auswirkt. Hier sind die Stuttgarter derzeit dabei, versuchsweise Wasserflöhe mit Plastikkügelchen zu füttern und mögliche Folgen näher zu untersuchen. Dabei stellte sich heraus, dass beispielsweise Biokunststoffe vermutlich nicht besser als normales Plastik sind – möglicherweise wegen der darin enthaltenen Zusatzstoffe.

Biologisch schneller abbaubares Plastik, das wird auch in der anschließenden Diskussion deutlich, ist keine angemessene Lösung für das Problem. Viel wichtiger sei eine Änderung im Verhalten der Menschen, sagen die beiden Experten – und dazu gehöre vor allem, auch in Deutschland weniger Plastikmüll zu produzieren. Das bedeutet vor allem Verzicht: So lassen sich Plastiktüten durch haltbarere Taschen ersetzen. Diese könnten durchaus aus Kunststoff oder Biokunststoff sein, merkt Christian Bonten an – wegen der gegenüber Baumwolle und Jute weitaus günstigeren Ökobilanz. Und ein weiterer Appell: verzichten könne man auch gut auf Mikroplastik in Kosmetikprodukten und Shampoos.