Das 1989 in Kraft getretene Verbot der FCKW hat einen doppelten Effekt: Es lässt das Ozonloch kleiner werden – und es bremst die Erwärmung der Erde.

Stuttgart - Neben Waldsterben und saurem Regen war in den achtziger Jahren das Ozonloch das Symbol für Umweltzerstörung. Streng genommen ist es kein Loch, sondern eine Zone in gut 15 Kilometer Höhe über der Antarktis, in der in jedem Frühjahr ein erheblicher Teil des Ozons zerstört wird. Später im Jahr bildet es sich dann aber wieder neu. Durch den Ozonmangel gelangt vermehrt schädliche UV-Strahlung auf die Erde. So führen Fachleute die hohen Hautkrebsraten bei Australiern zum Teil auf den Verlust der Ozonschicht zurück.

 

Ohne FCKW-Verbot wäre es 0,1 Grad wärmer

Im Protokoll von Montreal hat sich die Weltgemeinschaft geeinigt, keine Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) mehr in die Atmosphäre zu bringen. Denn die Substanzen, verwendet als Kühlmittel oder Treibgas in Sprayflaschen, gelten als maßgeblicher Auslöser für den Abbau der Ozonmoleküle.

Die Vereinbarung, 1989 in Kraft gesetzt, wirkt offenbar: Der jährliche Ozonverlust tritt zwar immer noch auf, doch er ist weniger ausgeprägt und dürfte künftig noch geringer ausfallen. Zudem bremst das FCKW-Verbot die Erderwärmung. Das berichten Forscher um Francisco Estrada von der Uni Mexiko im Fachjournal „Nature Geoscience“. Ihren Berechnungen zufolge läge die globale Durchschnittstemperatur heute um 0,1 Grad Celsius höher, wenn die FCKW, die auch starke Treibhausgase sind, weiterhin eingesetzt würden.

Natürliche Klimavariationen herausgefiltert

Estrada und sein Team haben Temperaturverläufe von 1850 bis 2010 und Daten zum Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid, Methan und FCKW ausgewertet. Durch spezielle statistische Verfahren filterten sie natürliche Klimavariationen heraus, die etwa auf veränderliche Meeresströmungen zurückgehen. So wollten sie die vom Menschen verursachten Einflüsse auf das Klima aufspüren.

Wie die Forscher berichten, haben die beiden Weltkriege und die große wirtschaftliche Depression deutliche Folgen für die Temperaturentwicklung gehabt. In diesen Zeiten lag die Industrie am Boden, der Ausstoß von Treibhausgasen war gering – und damit der Antrieb für den Klimawandels. Erst mit der wirtschaftlichen Erholung nach 1945 stiegen die Emissionen und lösten schließlich die deutliche Erwärmung aus, die seit den frühen sechziger Jahren gemessen wird.

Wie stark beeinflussen die FCKW das Klima?

Dieser Trend kam Ende der neunziger Jahre zum Erliegen. Seitdem verharrt die globale Durchschnittstemperatur auf ihrem erhöhten Niveau. Die Daten von Estrada und Kollegen legen nahe, dass der Verzicht auf die Treibhausgase FCKW zumindest einen Anteil daran hat. Ein weiteren, allerdings wesentlich kleineren Effekt hätten veränderte Techniken in der Landwirtschaft Asiens, die in den vergangenen Jahren den Methanausstoß reduziert haben. „Es ist paradox“, schreiben die Wissenschaftler. „Die aktuelle Verlangsamung der Erwärmung wird von Klimaskeptikern als Beleg dafür genannt, dass der Mensch keinen Einfluss auf das Klima hat. Tatsächlich ist sie aber menschlichen Ursprungs.“

Das könnte wohl ein bisschen zu stark vereinfacht sein, wie ein begleitender Kommentar in „Nature Geoscience“ zeigt. „Um den Erwärmungsstopp zwischen 1998 und 2012 allein mit fehlendem FCKW zu erklären, müsste dessen Klimawirksamkeit wesentlich größer sein“, schreiben dort Felix Pretis und Myles Allen von der Universität Oxford. Weitere Erklärungsversuche wie eine Wärmeaufnahme in tiefen Wasserschichten der Ozeane könnten mit dem Verfahren von Estrada kaum abgebildet werden – und spielten vermutlich ebenfalls eine Rolle. Am Ende werde sich nicht eine Ursache für die Erwärmungspause herausstellen, sondern ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, so die Kommentatoren.

„Ozonloch schließt sich“

Vom Ozonloch selbst gab es zuletzt gute Nachrichten. Wie die US-Weltraumbehörde Nasa mitteilt, sei es in diesem Jahr kleiner als im Durchschnitt der vergangenen zwei Jahrzehnte. Im September und Oktober war es rund 21 Millionen Quadratkilometer groß. Der Rekord von fast 30 Millionen Quadratkilometern wurde am 9. September 2000 gemessen. Im Juni 2013 hatten deutsche Forscher, die wöchentlich Ballonmessungen in der Antarktis vornehmen, von einer Wende gesprochen: „Das Ozonloch schließt sich“, sagte damals Gert König-Langlo vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung.

Hauke Schmidt vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg ist zurückhaltender. „In den vorhandenen Daten sehe ich keinen eindeutigen Trend“, sagt er. Das Ozonloch sei sehr variabel. Noch im Jahr 2011 sei es ausgesprochen groß und lang anhaltend gewesen.

Lachgas – die neue Gefahr für das Ozon

Warum es so lange dauert, bis sich die Ozonschicht erholt, hat verschiedene Ursachen. Nach wie vor ist viel FCKW in der Luft, das Schaden macht. Außerdem wird zunehmend Lachgas (N2O) zum Problem, das vor allem in der Landwirtschaft entsteht. Lachgas-Emissionen seien bereits jetzt die stärkste Quelle ozonschädlicher Substanzen – und sie werden das auch in den nächsten Jahrzehnten bleiben, prophezeiten US-Forscher um A. R. Ravishankara bereits 2009 im Fachblatt „Science“.

Langfristig werde sich das Ozonloch aber schließen, glauben die meisten Wissenschaftler. „Wann es so weit ist, dazu liefern die Modelle mitunter deutlich verschiedene Ergebnisse, je nachdem, welchen Annahmen sie folgen“, sagt der Atmosphärenforscher Hauke Schmidt – und wagt eine Prognose: „Etwa Mitte des Jahrhunderts ist ein guter Richtwert.“