Am Montag tritt in Stuttgart das Durchfahrverbot für Lastwagen in Kraft, das die Feinstaubbelastung verringern soll.

Stuttgart - Von Montag an gilt in und um Stuttgart ein Durchfahrverbot für Lastwagen. Rund 60 Prozent der mehreren hundert Hinweisschilder sollen bis Montag um zehn Uhr aufgestellt sein.

Die verbotene Zone für die ungeliebten Fernlaster umfasst nicht nur die baden-württembergische Landeshauptstadt, sondern auch das südöstliche Umland mit Ostfildern und Gerlingen und Korntal im Westen. Die Lastwagen müssen auf die A 81 ausweichen; im Süden steht ihnen die A8 als Weg um Stuttgart und die Filderebene zur Verfügung. Im Osten wird die Verbotszone von der B 313 bei Wendlingen und der B10 begrenzt, beide Bundesstraßen bleiben aber offen für den Schwerlastverkehr. Auch für den Lieferverkehr gilt das Durchfahrverbot nicht.

Durchfahrverbot gefordert


Bei der Suche nach gerichtsverwertbaren Partikelbremsen erinnerte sich der Regierungspräsident Johannes Schmalzl daran, dass von Anfang 2006 bis Ende Februar 2008 in der Landeshauptstadt bereits ein Durchfahrverbot für Lastwagen existierte. Dieses war aber im März 2008 mit dem Start der Umweltzone aufgehoben worden. Seitdem durften auch Fernverkehrlaster wieder alle durch die Stadt führenden Bundesstraßen benutzen, wenn eine rote, gelbe oder grüne Plakette an der Windschutzscheibe klebte.

Das Stuttgarter Rathaus, das die Laster auch aus Lärmschutzgründen gern weiterhin aus dem Stadtkessel herausgehalten hätte, stieß damit zunächst beim Regierungspräsidium auf wenig Verständnis. Das änderte sich aber nach dem Gerichtsbeschluss, der im Falle der Zuwiderhandlung dem Regierungspräsidenten persönlich ein Zwangsgeld in Höhe von 5000 Euro androhte - ein ungewöhnlicher Vorgang. "Plötzlich war wieder klar, dass die Fernlaster draußen bleiben müssen", sagt ein städtischer Mitarbeiter.

Das Rathaus freut sich über Sinneswandel


Im Stuttgarter Rathaus freute man sich über den Sinneswandel. "Ich bin dem Stuttgarter Verwaltungsgericht sehr dankbar, weil es das Regierungspräsidium in Sachen Feinstaub auf den richtigen Weg gebracht hat", sagt der Umweltbürgermeister Matthias Hahn. Für den SPD-Politiker ist das Durchfahrverbot "ein Schritt voran im Kampf gegen den Feinstaub". Schließlich gehe es in erster Linie um den Gesundheitsschutz. Hahn macht sich aber keine Illusionen, auch nur in die Nähe des in Stuttgart weit überschrittenen Grenzwerts zu kommen. "Es wäre gut, wenn wir die Spitze kappen und die Werte um fünf bis zehn Prozent drücken könnten." Die Wiedergeburt des Durchfahrverbots hat für den Bürgermeister einen erfreulichen Nebenaspekt. "Den Lärmschutz bekommen wir gratis dazu."

Mit seiner Einschätzung trifft der Kommunalpolitiker den Nerv der Stuttgarter. Bei einer Umfrage der Universität Stuttgart befürworteten 79 Prozent der Bürger ein Durchfahrverbot für Lastwagen. Auch der Gemeinderat sprach sich im Januar einstimmig für das wiederbelebte Durchfahrverbot aus.

Eine Mehrheit forderte, auch das "Schlupfloch B10" im Stuttgarter Stadtgebiet für die Fernlaster zu stopfen. Dieser Empfehlung folgte das Regierungspräsidium allerdings nicht. "Das hat uns nicht gefallen", räumt Hahn ein, der aber als Regionalpolitiker anerkennt, "dass das Regierungspräsidium alle gegensätzlichen Interessen abwägen muss".

Kommunen im Umland befürchten mehr Verkehr


In den Kreisen und Kommunen rund um Stuttgart stoßen die Pläne des Regierungspräsidiums nämlich weitgehend auf Ablehnung. "Der Stuttgarter Dreck wird unter unseren Teppich gekehrt", wetterte der Schorndorfer SPD-Stadtrat Hans-Ulrich Schmid. Das Umland befürchtet, dass die Laster, die nicht mehr in Stuttgart fahren dürfen, sich ihren Weg durch die Städte und Gemeinden rund um Stuttgart suchen werden. "Der Lastwagenverkehr rollt auf Schleichwegen im Umland und führt dort zu höheren Schadstoffbelastungen", prophezeit Johannes Fuchs, der Landrat des Rems-Murr-Kreises, einer der Wortführer des Protests.

In Ludwigsburg sieht sich der Baubürgermeister Hans Schmid an Zeiten erinnert, als "jeder Zollschranken aufgebaut hat". Der drohende Mehrverkehr, so Fuchs und viele Oberbürgermeister und Gemeinderäte aus der Region, sei den dortigen Anwohnern nicht zuzumuten. Selbst in Esslingen, wo die Stadtteile Berkheim und Zollberg in die vergrößerte Zone fallen und entlastet werden, rührte sich Protest.

Kommunen sind nicht alle einverstanden


"Das ist ein Musterbeispiel fürs St.-Florians-Prinzip", schimpfte der SPD-Stadtrat Andreas Koch: Statt nach einer umfassenden Lösung zu suchen werde das Problem Stück für Stück nach außen transportiert. Für Koch sind damit "Totengräber des Regionalgedankens" am Werk.

Allerdings wird diese Fundamentalkritik nicht überall geteilt. In Ostfildern, Gerlingen und Korntal wird begrüßt, dass diese Städte nun auch in der Durchfahrverbotszone liegen. Die neuen Tempolimits auf B 10 und B 313 sowie die Sperrung zweiter Schurwaldstraßen für den Schwerlastverkehr stoßen ebenfalls auf Zustimmung. Die Grundforderung des Umlands aber bleibt: ein regionales Verkehrskonzept, das den Lastwagenverkehr auf Autobahnen und Bundesstraßen lenkt und von Nebenstrecken fernhält.