Verschiedene Banken und Unternehmen wollen der spanischen Region den Rücken kehren – sollte sie unabhängig werden. Darunter ist die berühmte Sektkellerei. Auch die VW-Tochter Seat ist von den politischen Querelen betroffen.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Madrid - Nach der Banc Sabadell will auch die Caixa-Bank ihren Firmensitz verlegen, Gas Natural Fenosa macht ähnliche Pläne. Freixenet-Präsident Bonet will im Fall der Fälle folgen. Die Verfechter einer katalonischen Unabhängigkeit geben sich jedoch trotzdem gelassen. „Ich glaube, es wird keine Unternehmensflucht geben“, sagte der katalanische Wirtschaftsminister Oriol Junqueras – zugleich einer der einfussreichsten separatistischen Politiker. Seine Vorhersage ähnelt der des spanischen Regierungschefs Mariano Rajoy, der monatelang versprach, dass es am 1. Oktober in Katalonien kein Unabhängigkeitsreferendum geben werde – bis es dann am vergangenen Sonntag doch stattfand.

 

Die Flucht der Unternehmen aus Katalonien hat schon begonnen. Es sind noch nicht viele, aber es geht um bedeutende Namen. Am Donnerstagabend beschloss der Verwaltungsrat der Banc Sabadell, den Firmensitz nach Alicante in der Autonomen Region Valencia zu verlegen. Am Freitag wollte sich der Verwaltungsrat der Caixa-Bank, der drittgrößten Bank Spaniens, treffen, um den Umzug nach Palma de Mallorca zu beschließen. Die Caixa-Bank ist ein Symbol katalanischer Wirtschaftskraft und ihr Umzug nun ein Symbol für die Dramatik, den der katalanische Konflikt in den vergangenen Tagen angenommen hat.

Die Regionalregierung scheint noch unentschlossen zu sein

Offenbar auf Bitten der Caixa-Bank erließ die spanische Regierung am Freitag ein Dekret, das einen solchen Firmenumzug erlaubt, auch wenn die Statuten eines Unternehmens – wie im Falle der Caixa-Bank – für diese Entscheidung im Prinzip einen Beschluss der Aktionärsversammlung vorsehen. „Caixa-Bank und Sabadell würden eine solche Entscheidung nicht treffen, wenn die Situation nicht schon Folgen für ihr Geschäft hätte“, sagte ein ungenannter Banker zur Madrider Tageszeitung ABC.

Die „Situation“ ist die ungewisse Zukunft Kataloniens nach dem Referendum vom Sonntag. Die separatistische Mehrheit im katalanischen Parlament wollte am kommenden Montag die katalanische Republik ausrufen. Nachdem das spanische Verfassungsgericht die Parlamentssitzung am Donnerstag suspendiert hatte, gab Regionalpräsident Carles Puigdemont am Freitag bekannt, dass er statt am Montag am Dienstag vor das Parlament in Barcelona treten werde, um über „die aktuelle politische Lage“ zu berichten. Die Nachricht ist insofern bemerkenswert, als dass die katalanischen Separatisten die Beschlüsse des Verfassungsgerichts für gewöhnlich ignorieren. Offenbar ist die Regionalregierung unentschlossen, ob sie eine einseitige Unabhängigkeitserklärung tatsächlich schon vorantreiben soll.

Die Umzugsentscheidungen der beiden Großbanken und weiterer Unternehmen dürften sie in ihren Zweifeln bestärkt haben. Am Freitagmittag berichteten mehrere spanische Medien, dass auch der Verwaltungsrat des Energiekonzerns Gas Natural Fenosa am Abend zusammenkommen wollte, um über eine Verlegung des Firmensitzes zu reden. Eine Handvoll kleinerer Unternehmen hatte ihren Wegzug aus Katalonien schon in den vergangenen Tagen und Wochen verkündet.

Am vorigen Dienstag musste Seat vorübergehend eine Produktionslinie stilllegen

„Eine Unabhängigkeit ist kein Scherz“, sagte der Präsident der Sektkellerei Freixenet, José Luis Bonet, am Freitag. „Bis jetzt dachte ich, dass es nicht so weit kommt, aber ich fange an zu glauben, dass ich mich geirrt habe.“ Bonet will dem Verwaltungsrat des Familienunternehmens die Verlegung des Firmensitzes aus dem katalanischen Sant Sadurní an einen anderen spanischen Ort vorschlagen, falls das Regionalparlament tatsächlich die Unabhängigkeit Kataloniens erklären sollte. In diesem Fall werde es „einen bedeutenden Wegzug von Unternehmen aus Katalonien“ geben, glaubt Bonet.

Auch die VW-Tochter Seat mit ihrem Hauptwerk in Martorell bei Barcelona ist von den Wirren betroffen. „Wir verfolgen die Lage ganz genau“, sagte eine Unternehmenssprecherin. „Wir brauchen ein stabiles politisches Umfeld.“ Am vorigen Dienstag musste der Autobauer vorübergehend eine Produktionslinie stilllegen, weil Demonstranten große Fernstraßen Kataloniens blockierten und Teilelieferanten deshalb nicht zum Seat-Werk durchkamen.