Nicola La Caprara ist ein Einzelkämpfer gegen die Wohnungsnot. Im Interview erklärt er, was ihn zu seiner Aktion, mit einem Plakat durch die Stuttgarter Innenstadt zu laufen, motiviert.

Stuttgart - Nicola La Caprara (40) lebt in Böblingen und arbeitet dort im CNC-Bereich des Maschinenbaus. Mit einer Plakataktion macht er in der Innenstadt auf einen Missstand aufmerksam

 
Was treibt Sie an, mit einem Schild und der Aufschrift „ Wohnungsnot“ durch die Stadt zu laufen?
Ich konnte einfach nicht mehr anders. Ich kann diesen Wahnsinn nicht mehr aushalten.
Warum? Haben Sie kein Dach über dem Kopf?
Doch. Gott sei Dank, geht es mir seit einiger Zeit gut. Ich habe eine Zwei-Zimmerwohnung in Böblingen. Aber ich habe 20 Jahre lang gesucht. Ich weiß zu gut, was Existenzangst ist.
Woher kommt dann der Druck, auf der Straße zu protestieren?
Weil es nicht mehr so weiter gehen kann. Alle wissen von der Wohnungsnot, viele leiden darunter, nicht nur die Wohnsitzlosen, aber nur wenige machen aktiv etwas dagegen.
So wie Sie.
Genau. Ich bin jetzt schon das dritte Mal in der Stadt unterwegs, um Menschen aufzurütteln. Und Sie werden es nicht glauben, was mir in diesen zweistündigen Streifzügen alles begegnet.
Sie machen uns neugierig.
Zunächst bekommt man unglaublich viel moralische Unterstützung und Komplimente, aber ich habe auch schon ganz konkrete Wohnungsangebote bekommen. Aber darum geht es mir nicht.
Sondern?
Es geht darum, unsere Gesellschaft und die Politiker wachzurütteln.
Schieben Sie den Politikern den Schwarzen Peter zu?
Ach, wissen Sie, die Linkspartei tut viel zu wenig. Die SPD trägt das soziale S in ihrem Parteinamen auch nicht mehr zu Recht. Aber das ist eben ein gesamtgesellschaftliches Phänomen.
Was meinen Sie damit?
Insgesamt nimmt das Profitdenken zu, das soziale Verhalten und Denken ab. Mit sozialem Wohnungsbau lässt sich eben kein Geld verdienen. Und leider zieht sich der Staat aus diesem Sektor immer weiter zurück. Deshalb hoffe ich, dass sich in der Politik ein Ruck vollzieht. Aber auch bei den Menschen. Vielleicht folgen ja bald mehr meinem Beispiel. Je mehr Leute sich meinem Beispiel anschließen, desto besser.