Eine Direktorin der BHF-Bank engagiert sich für Flüchtlingsprojekte für Frauen. Sie verschafft ihnen über die Online-Plattform Gyalpa ein verlässliches Einkommen.

Frankfurt - Am Anfang war es Haiti, das Lanna Idriss umtrieb. Zwei Kinder aus einem der ärmsten Länder hatte die Bankerin adoptiert und die dramatischen Verhältnisse in Haiti kennengelernt: Ein Land, das von Nothilfe lebt. Menschen, die sich keine eigene Existenz aufbauen können. „Spenden allein“, sagt die 39jährige im Besucherzimmer der BHF Bank in Frankfurt, „sind keine Hilfe. Sie schwanken viel zu stark“. Das gelte heute auch für Syrien, sagt die Frau mit den blonden langen Haaren. Da kennt sie sich besser aus als in Haiti. Idriss ist Halbsyrerin, ihr Vater stammt aus dem syrischen Homs, ihre Mutter aus Dänemark. Auf Reisen in den Libanon und vor dem Krieg auch nach Syrien entstand die Idee, vor Ort zu helfen. Vor allem den Frauen. Sie nähen, häkeln und besticken schon immer mit hohem Geschick Taschen, Beutel und andere Accessoires. Verkauft wurden sie vor dem Krieg auf Märkten in Syrien. Die aber sind zusammengebrochen. Idriss’ Idee: Warum die Produkte nicht in Deutschland verkaufen und so den Frauen ein verlässliches Einkommen verschaffen?

 

Die Idee zur Gründung des Vereins und der Shopping-Plattform Gyalpa (was so viel heißt wie Einkaufen mit Sinn) war geboren. Seit Mai vergangenen Jahres ist die Seite online (www.gyalpa.com). „Die Geschäfte laufen“, freut sich Idriss, im Hauptberuf Leiterin des Bereichs Operations der BHF Bank in Frankfurt und damit unter anderem zuständig für Zahlungsverkehr, Kontoführung und Wertpapierabwicklung. Sie ist Chefin von rund 120 Bankerinnen und Bankern. 4.000 Taschen, Beutel, Schals und Tüchern seien 2015 verkauft worden, 80.000 Euro umgesetzt. „Wir hätten noch mehr verkaufen können“, sagt Idriss. Für eine Bankerin, die täglich mit Millionen umgeht, sind 80.000 Euro ein überschaubarer Betrag, für Gyalpa ist es ein Riesenerfolg.

Hartnäckigkeit und Kontakte zahlen sich aus

600 Frauen arbeiten mittlerweile in der libanesischen Hauptstadt Beirut, in Damaskus und in anderen Städten Syriens für Gyalpa. Wie hat sie die Frauen gefunden? „Ich war mehrfach in Beirut, habe mich durchgefragt, mit ansässigen Organisationen gesprochen, die sich um Frauen kümmern“, sagt Idriss. Eine davon ist „Basmeh&Zeitouneh“ in Beirut. 200 Frauen nähen dort im Flüchtlingslager Schatila für Gyalpa. Sie können ihre Kinder mit in die Werkstatt bringen und sich mit anderen Frauen austauschen. Es gibt eine Schule und eine Gesundheitsstation. Haben die Frauen eine Tasche oder einen Beutel fertiggestellt, wird das Geld dafür sofort in bar gezahlt - bevor die Ware verkauft ist. Abgezogen werden lediglich die Kosten für Transport und Zoll. Wenn eine Tasche für 20 Euro verkauft wird, erhält die Frau vor Ort 16.

Ähnlich funktioniert es bei den Frauen, die in Syrien arbeiten, auch wenn die Auszahlung des Geldes hier schwieriger ist und über Vertrauensleute erfolgt. Generell ist die Arbeit dort angesichts des Krieges und zerstörter Infrastruktur erheblich schwieriger. Aber Idriss’ Hartnäckigkeit und ihre mittlerweile guten Kontakte zahlen sich. In Damaskus und anderen Städten werden unter anderem Handtücher gewebt - nach einer Jahrhunderte alten Methode. Das Design stimmt Idriss mit den Frauen in Syrien wie auch im Libanon auf den europäischen Geschmack ab.

Schwierig und teuer war und ist der Transport der Ware nach Deutschland, sagt die engagierte Bankerin. Vor allem an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei und Syrien und Libanon gab es immer wieder Probleme. „Ein Zöllner ließ uns anstandslos durch, ein anderer hielt die Hand auf, ein dritter blockte ab“. Mittlerweile haben es Idriss und ihre knapp 20 ehrenamtlichen Mitstreiter bei Gyalpa erreicht, dass die Ware per Flugzeug von Damaskus über Beirut nach Frankfurt geflogen wird - und sich die Kartons dann aus Kostengründen erst einmal in ihrer Wohnung stapeln. „Ein Lager wäre zu teuer. Wir müssen die Kosten niedrig halten“, sagt die 39jährige.

Gyalpa soll in drei Jahren profitabel sein

Die Kosten kann sie auch niedrig halten, weil die BHF Bank ihr entgegen kommt. Obwohl sie Führungskraft ist, kann sie mit einem 90 Prozent-Vertrag arbeiten. Dadurch habe sie pro Jahr 54 freie Tage und Zeit sich um Gyalpa zu kümmern. „Die Unterstützung der Bank, aber auch aus der Gesellschaft sei unglaublich“, sagt Idriss. „So viele Menschen haben verstanden, dass es eine Pflicht ist Flüchtlinge zu unterstützen“.

Gyalpa ist auf einem guten Weg. In drei Jahren soll das Unternehmen profitabel sein, der Gewinn soll in Projekte in den Flüchtlingslagern fließen, um die Situation dort zu verbessern und die Einkommen der Frauen zu stabilisieren. Ideen, das spürt man bei jedem Wort, gehen der engagierten BHF-Bankerin nicht aus.

Ende vergangenen Jahres hat Gyalpa in Berlin eine Werkstatt eröffnet. Dort werden Flüchtlinge mit der Herstellung von Glasmosaiken vertraut gemacht. Mittelfristig sollen dort Geschenkartikel entstehen, die über Gyalpa verkauft werden. Noch ist es ein weiter Weg bis dorthin. Vor allem brauchen die Flüchtlinge eine Arbeitserlaubnis oder die Erlaubnis zur Anmeldung eines Gewerbes. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat die Arbeit und das Projekt von Gyalpa ausdrücklich gelobt, sagt Idriss mit leuchtenden Augen. Das sei genau der richtige Wege, habe ihr der Minister geschrieben. Bemühungen um Arbeits- und Gewerbeerlaubnis für Flüchtlinge sind 2016 für sie ein zentrales Thema, sagt die Bankerin. Neben der Arbeit in der Bank. Frauen aus Syrien können weiter fest auf Lanna Idriss zählen.