Nach der Explosion in einer Lagerhalle in Tianjin bedroht der Stoff Natriumcyanid Menschen und Umwelt. Personen mit einer Cyanidvergiftung ersticken innerlich.

Stuttgart - Natriumcyanid ist eine extrem giftige Substanz, die grundsätzlich nicht in die Umwelt gelangen dürfte. Sie lagerte in der Halle in Tianjin, die vor wenigen Tagen explodiert ist. Das kristalline, weißliche Pulver mit der chemischen Formel NaCN wird in der metallverarbeitenden Industrie eingesetzt. Cyanide braucht man zum Schutz von Metallen: Um beispielsweise Eisen vor dem Rosten zu schützen, überzieht man es mit einer dünnen Schicht Zink. Nicht selten werden Metallteile mit einem Hauch Gold verkleidet. Man nennt diesen chemischen Prozess Galvanisieren und für das Vergolden und Verzinken wird Natriumcyanid eingesetzt. Cyanide werden zudem verwendet, wenn Gold, Silber oder andere wertvolle Metalle aus ihren natürlichen Vorkommen gelöst werden.

 

Sobald das Pulver an die Luft gelangt, zersetzt es sich und dabei entsteht Blausäure. Diese ist für den Menschen und die Umwelt extrem giftig. Schon ein Milligramm Blausäure je Kilogramm Körpergewicht ist tödlich. Blausäure ist bekannt für seinen typischen Geruch nach Bittermandeln. Früher wurden Cyanidkapseln häufig benutzt, um Menschen zu ermorden oder den Freitod zu wählen – der mandelbittere Geruch ließ dabei sehr schnell auf die Todesursache schließen.

Die Substanz löst sich leicht in Wasser

Menschen mit einer Cyanidvergiftung sterben qualvoll: Sie ersticken innerlich. Das Cyanid bindet an ein Eisenatom im Hämoglobin. So wird der rote Blutfarbstoff bezeichnet, den man für den Transport von Sauerstoff braucht. Das Hämoglobin wird zerstört und lebenswichtige Organe werden nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Weil der Sauerstoff fehlt, versucht ein vergifteter Mensch durch heftiges Atmen mehr Luft zu bekommen – mit fatalen Folgen, denn dabei atmet er noch mehr und noch schneller Cyanid ein und beschleunigt somit den Todesprozess.

Natriumcyanid löst sich leicht in Wasser und kann in Flüssen und anderen Gewässern weit verbreitet werden. Wer keine tödliche Dosis erhält, muss mit Vergiftungssymptomen wie etwa Übelkeit oder Muskelkrämpfen rechnen.