Die Uni Hohenheim ist in punkto Professorengehälter bald wieder konkurrenzfähig. Andere Baustellen bleiben der Hochschule hingegen erhalten: Es fehlt an Labors, der Mensaausbau stockt und hochrangige Forschungsprojekte fehlen – noch.

Stuttgart - An der Uni Hohenheim gibt es viele Baustellen. Eine davon hat Rektor Stephan Dabbert bereits ein Jahr nach seinem Amtsantritt in den Griff bekommen: „Ab 2014 können wir wieder unbefristete Leistungszulagen für Professoren vergeben“, kündigte er im Gespräch mit der StZ an. Andere Baustellen bleiben Hohenheim hingegen erhalten: Es fehlt an Labors, der Mensaausbau stockt und hochrangige Forschungsprojekte fehlen – noch.

 

Aber der Reihe nach. Das Thema der Professorenvergütung war Dabbert gleich zu Amtsbeginn als Altlast seines Vorgängers Hans-Peter Liebig auf die Füße gefallen und hatte viel Aufregung sowie Proteste der Studierenden verursacht. Der Grund: die Uni hatte sechs Jahre lang ihren Vergaberahmen bei der unbefristeten Leistungszulage für Professoren überzogen und dadurch ein Defizit von 400 000 Euro angehäuft. Daraufhin durfte die Uni laut einer Weisung des Wissenschaftsministeriums keine unbefristeten, also pensionsrelevanten Leistungszulagen mehr vergeben. Das hatte fatale Folgen. Auch für die 19 laufenden Berufungsverfahren.

„Am Anfang hat einer nach dem anderen abgesagt“

„Am Anfang hat einer nach dem anderen abgesagt“, berichtet Dabbert. Zehn Interessenten kehrten Hohenheim den Rücken. Dass darunter sechs Frauen gewesen seien, schmerzt Dabbert im Blick auf die Gleichstellungsziele besonders. Doch auch die Bleibeverhandlungen mit dem Kommunikationswissenschaftler und Spitzenforscher Thorsten Quandt scheiterten – „ein echter Verlust“, sagt Dabbert. Die Studierenden protestierten damals. Sie befürchteten, dass Hohenheim in die zweite Liga abrutschen könnte – und sich damit auch ihre eigenen Chancen auf gute Jobs verschlechterten. Doch Dabbert hat die Sache inzwischen wieder auf ein gutes Gleis gebracht – geräuschlos.

„Wir haben die Berufungsverfahren völlig neu ausgerichtet auf junge Nachwuchsprofessoren“, sagt der Rektor. Und: „Wir versuchen für jede freie Professur eine Vertretung zu bekommen – das sind hochqualifizierte Leute, in der Regel habilitiert.“ So könnten diese ihr Können zeigen und sich für eine Professur warmlaufen. Inzwischen seien neun der 19 Berufungsverfahren erfolgreich abgeschlossen. Dass zehn noch offen sind, liege daran, dass teilweise ein neues Verfahren samt veränderter Ausschreibung notwendig geworden sei.

An dem Verfahren, für freie Professuren rasch Vertretungen zu suchen, werde man weiterhin festhalten, kündigt Dabbert an. Denn dies spare der Uni mehr Geld, als die Professur bis zur Neuberufung unbesetzt zu lassen. Das liege an der Logik des Vergaberahmens. Und es habe mit dazu geführt, dass die Uni ihr Defizit abbauen konnte und künftig wieder Freiraum bei Verhandlungen hat.

Von 2015 an kriegen auch Dekane und Prorektoren mehr Geld

Von 2015 an sollen deshalb auch die reduzierten Funktionsleistungsbezüge für Dekane, Studiendekane und Prorektoren wieder erhöht werden. „Wer solche Jobs macht, soll auch mehr Geld kriegen“, sagt Dabbert. Besondere Leistungszulagen soll es von da an auch für herausragende Forschungsprojekte geben. Damit will der Rektor zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Er will Anreize setzen, und er will die Forschung nach vorn bringen.

Letzeres findet sich auch als Ziel Nummer eins im Struktur- und Entwicklungsplan der Uni, der unter das Motto gestellt wurde: „Bioökonomie 2020 – komplexe Systeme verstehen und gestalten“. In diesem Bereich, so Ziel Nummer zwei, solle Hohenheim in Deutschland führend und weltweit wahrgenommen werden. Auch eine Graduiertenschule in diesem Bereich solle dazu beitragen – in der Exzellenzinitiative war Hohenheim damit gescheitert. Ziel Nummer drei sei auf eine „Kultur der Kommunikation“ ausgerichtet. Kurzum: Wissenschaftler sollen mehr miteinander reden.

„Wir haben sehr gute Forscher, wir haben sie aber noch nicht genügend zusammengebracht.“ Geplant seien fakultätsübergreifende Studiengänge mit besser synchronisierten zeitlichen Abläufen. Und Sonderforschungsbereiche? Das sei „ein wunder Punkt“, räumt Dabbert ein. Der letzte sei vor einem Jahr ausgelaufen, einen neuen zu ergattern sei „ein knüppelharter Wettbewerb“.

Die Stadt hat den Mensaausbau gestoppt

Doch bei alledem macht der Uni auch die unzureichende Infrastruktur zu schaffen. Vor dem Hintergrund, dass sich die Zahl der Studierenden in den vergangenen acht Jahren verdoppelt hat und bereits im Herbst die 10 000er Marke überschreiten könnte, wäre eine rasche Erweiterung der völlig überlasteten Mensa wichtig. Doch der Ausbau stockt, weil die Stadt die Pläne des Unibauamtes nicht genehmigt hat.

Detlef Kron, der Leiter des Amtes für Stadtplanung und Stadterneuerung, spricht von einem „klassischen Abwägungsfall“. Der Entwurf sehe eine Verlängerung der Mensa mit einem offenen Atrium als Puffer zwischen Alt- und Neubau vor. „Doch unsere Grünplaner haben dagegen Bedenken vorgebracht“, so Kron. Das städtische Baureferat besteht nun darauf, dass der Neubau direkt an den Altbau anschließt und zur Straße eine Grünschneise bleibt. „Das öffentliche Grün ist schützenswert“, erklärt Kron. Dabbert verwundert dies: „Das grüne Herz in Hohenheim ist doch an anderer Stelle.“ Doch das Veto der Stadt habe nun zur Folge, dass umgeplant werden müsse und mit dem Bau frühestens 2014 angefangen werden könne. Daran habe auch sein Treffen mit Baubürgermeister Hahn nichts geändert. Zudem wird die Sache teurer, da nun die gesamte Mensa erneuert werden muss.

Gewächshäuser in erbärmlichem Zustand

Doch auch den Forschern ermangele es in Hohenheim an geeigneter Infrastruktur. „Uns fehlen eigene Labore, unsere Forscher müssen an andere Unis ausweichen“, berichtet Dabbert. Ein modernes Laborgebäude hingegen könnte eine neue Forschungsrichtung in den Tierwissenschaften ermöglichen – zum Thema Mikroben im Tier. „Und fast alle unsere Gewächshäuser sind energetisch und sicherheitstechnisch in erbärmlichem Zustand.“ Pech für die 30 Professoren und ihre Studenten, die mit Pflanzen arbeiten.

Hoffnung gibt es für die Bibliothek: Sie könnte nach dem Brand vor gut einem Jahr noch 2013 in Betrieb gehen. Hoffnung gibt es auch für die Wohnsituation: Das Studentenwerk erstelle Pläne für ein Wohnheim mit 300 Plätzen auf dem Campus, samt Kita, und ein weiteres außerhalb.