Der designierte Rektor der Universität Hohenheim, Christoph Müller, tritt sein Amt doch nicht an. Der Grund ist überraschend schnöde.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Die Wahl eines neuen Rektors an der Universität Hohenheim gerät immer mehr zum Ärgernis, ja zur Farce: Vor einem Jahr hatte der Senat einen Kandidaten abblitzen lassen, der bereits vom Universitätsrat gewählt worden war; jetzt hat der im Mai gewählte Betriebswirtschaftler Christoph Alexander Müller kurzfristig abgesagt, weil er sich mit der Universität nicht über die Höhe seines Gehalts einig werden konnte. So ist nun bereits die dritte Ausschreibung der Stelle notwendig, was zu einer erneuten Verzögerung bei der Besetzung des Rektoramts von mindestens sechs Monaten führt.

 

Der 43-jährige Christoph Müller, ein gebürtiger Bad Cannstatter, kennt Hohenheim gut und war deshalb ein rundum akzeptierter Kandidat gewesen: Er hat in Hohenheim Betriebswirtschaft studiert und dort bis 2008 einen Stiftungslehrstuhl innegehabt. Zuletzt war er als Professor an der Universität Sankt Gallen tätig; genau darin lag nun das Problem.

In der Schweiz liegt das Gehaltsniveau (allerdings auch das Preisniveau) deutlich höher als in Deutschland. Im Bildungsbereich sei es doppelt so hoch, meinte Herwig Brunner, der Vorsitzende des Hohenheimer Universitätsrates, der die Gehaltsverhandlungen mit Müller geführt hat. Nach der Wahl im Mai sei man aber zuversichtlich gewesen, dass man sich einigen werde, so Brunner. Dann habe die Personalkommission aber einen Gehaltskorridor vorgegeben, den er nicht habe überschreiten dürfen, so Herwig Brunner.

Der amtierende Rektor führt die Geschäfte weiter

Christoph Müller stellt den Sachverhalt anders dar: Noch vor seiner Bewerbung habe er von der Universität eine Gehaltseinschätzung erbeten und auch bekommen. Der Betrag habe unter seinem bisherigen Gehalt gelegen, aber angesichts der interessanten Aufgabe in Hohenheim habe er sich trotzdem beworben. Im Vertrauen auf diese Auskunft sei er schon seit Juni zwei bis drei Tage pro Woche in Hohenheim gewesen; auch habe er seinen Posten als Geschäftsführer eines Instituts in St.Gallen abgegeben. Plötzlich sei dann ein niedrigeres Gehalt ins Spiel gekommen. "Der Prozess in Hohenheim hätte schon verbessert werden können", sagt Müller: "So habe ich meinen Arbeitsvertrag erst am vergangenen Freitag zur Unterschrift zugeschickt bekommen."

Dass Müller drei Wochen vor seinem Amtsantritt abspringt, bringt die Universität Hohenheim in große Schwierigkeiten. Der amtierende Rektor Hans-Peter Liebig hat sich gestern umgehend bereiterklärt, vorerst die Geschäfte "mit voller Kraft" weiterzuführen. "Ich möchte unbedingt vermeiden, dass es zu Brüchen kommt", sagte Liebig gestern angesichts der großen Veränderungen, in denen die Universität derzeit steckt. Seine Lebensplanung war aber eine andere gewesen.

Da seine Frau erkrankt ist, hatte der 66-jährige Liebig bereits im Januar vorzeitig in den Ruhestand gehen wollen - seine zweite Amtszeit als Rektor läuft eigentlich erst im Jahr 2013 aus. Nach der geplatzten Wahl im vergangenen Herbst blieb er im Amt, sagte damals aber: "Zum 1. Oktober 2011 muss Schluss sein." Nun wird er mindestens ein weiteres halbes Jahr die Universität Hohenheim leiten. Die drei Prorektoren, die von Müller vorgeschlagen und im Juli gewählt worden sind, bleiben trotz der Absage Müllers im Amt.

Die Hochschule steckt mitten im Umbau

Herwig Brunner bedauert das erneute Scheitern außerordentlich - einen Fehler im Verfahren sieht er aber nicht: "Das ist ein sehr spezieller Fall." Bei der ersten geplatzten Wahl im vergangenen Herbst hatte es dagegen durchaus einen grundsätzlichen Streit im Hintergrund gegeben: Während der Senat, der ausschließlich mit internen Mitgliedern besetzt ist, einen Kandidaten der eigenen Hochschule bevorzugt hatte, wollte der Universitätsrat mehrheitlich einen externen Kandidaten durchsetzen. Bei der zweiten Wahl im Mai stand ein interner Kandidat erst gar nicht mehr zur Verfügung, nachdem der einzige Interessent im engeren Kreis kurzfristig seine Bewerbung zurückgezogen hatte.

Es sei ein sehr vielschichtiges Problem, weshalb so wenig eigene Professoren Interesse am Amt des Rektors hätten, sagte Liebig gestern. Mangelnde Chancen, vom Unirat gewählt zu werden, gehörten bisher wohl dazu. Daneben sind die Anforderungen innerhalb der autonomen Hochschulen stark gestiegen; heute muss ein Rektor auch ein äußerst belastbarer Manager sein.

Hans-Peter Liebig versucht nun, die Universität Hohenheim auf Kurs zu halten, und das ist dringend notwendig. Denn die Hochschule steckt mitten in einem Umbau: Das Profil der Forschung und der Lehre soll ausgebaut werden; auch die Zahl der Studierenden soll deutlich steigen. Zugleich hat die Universität aber kaum noch räumliche Kapazitäten, und die freien Mittel für Investitionen sind äußerst knapp.