In einer Klinik in Marburg stirbt ein Frühchen beinahe an einer Überdosis Narkosemittel. Eine Krankenschwester wird verhaftet. Jetzt haben die Ermittler einen schrecklichen Verdacht.

Marburg - Die Ermittlungen gegen eine Krankenschwester, die ein Frühchen mit Narkosemittel beinahe umgebracht haben soll, ziehen größere Kreise. „Es gibt weitere Verdachtsfälle“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Marburg, Ute Sehlbach-Schellenberg, am Freitag. Ein im Dezember 2015 auf der Frühchenstation der Uniklinik Marburg gestorbenes Baby sei exhumiert worden. Über die Exhumierung hatte zuvor die „Bild“-Zeitung berichtet.

 

In diesem Fall bestehe der Anfangsverdacht auf ein Tötungsdelikt, sagte die Sprecherin. „Ob sich dieser bestätigt, hängt von den Ergebnissen der gerichtsmedizinischen Untersuchungen ab.“ Wann diese vorliegen, sei unklar, die Untersuchungen könnten aber einige Zeit dauern.

Die Krankenschwester wurde am vergangenen Samstag festgenommen und sitzt derzeit wegen Verdachts auf versuchten Totschlag in Untersuchungshaft. Bei einem 30 Tage alten Mädchen auf der Frühchenstation waren zuvor verdächtige Blutwerte festgestellt worden, dieses Baby überlebte. Bei dem Frühchen wurden den bisherigen Erkenntnissen zufolge zwei Narkosemittel festgestellt, die weder verordnet noch im Behandlungsplan vermerkt worden waren.

Ermittler wollen frühere Patienten befragen

Die Frau sei weiterhin nicht geständig, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Zu ihrer Identität machte sie keine näheren Angaben. Die Krankenschwester habe aber mehrere Jahre auf der Station gearbeitet. Weitere mögliche Verdachtsfälle werden nach Angaben der Oberstaatsanwältin geprüft. Dazu sollen Akten durchgearbeitet und frühere Patienten beziehungsweise deren Angehörige befragt werden.

Das Universitätsklinikum Marburg erklärte am Freitag, das Krankenhaus unterstütze die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln: „Eine konsequente und umfassende Aufklärung des Falls ist in unserem Interesse.“ Die Ärzte der Kinderklinik hätten die Medikamentenvergiftung bei dem Kind aufgedeckt. Bei der weiteren Recherche auf der Station sei aufgefallen, dass Medikamente fehlten.