Beim Bau des United World College in Freiburg ist man auf Gräber des ehemaligen Klosterfriedhofs gestoßen. Jetzt müssen die Gebeine gesichert und anderswo bestattet werden. Die Bauarbeiten sollen aber bald fortgesetzt werden.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Wer auf historischem Grund baut, stößt nicht nur auf Mauern, sondern auch auf Gräber, vor allem, wenn auf einem Klostergelände gebaggert wird: Die Robert-Bosch-Stiftung will bis zum Sommer 2014 auf dem Areal des ehemaligen Kartäuserklosters im Freiburger Osten ein „United World College“ (UWC) einrichten. Dafür wird das historische Verwaltungsgebäude (Prälatur) um- und ein neuer Trakt für Mensa und Auditorium dahinter angebaut, zudem werden zwölf Neubauten für Lehrer und Schüler errichtet. Bereits im September vorigen Jahres fanden Denkmalschützer und Geologen bei einer Vorprüfung historische Mauern, so dass die Baupläne geändert werden mussten. Nun sind beim Ausheben der Baugrube im ehemaligen Kreuzgang des Klosters Gräber aufgerissen und Skelette und Skelettteile freigelegt worden.

 

Die Skelette müssen fachgerecht geborgen werden

Für Experten ist das nicht verwunderlich, denn Kartäuserkloster sind meist im gleichen Stil gebaut worden und der Klosterfriedhof liegt dabei stets in der Mitte des Kreuzgangs. Das 1345 gegründete Kloster wurde 1782 aufgehoben und ging in private Hände über, der erhaltene Teil stammt aus dem 19. Jahrhundert. Bis auf weiteres muss der Bagger nun still stehen, denn die Gebeine müssen „fachgerecht geborgen und analysiert werden“, betont der Architekt Matthias Hotz aus Freiburg. Alles andere wäre nicht nur äußerst pietätlos, sondern auch rechtlich problematisch, es könnte sich um eine strafbare Störung der Totenruhe handeln. Wegen der Sicherung der Mauerfunde im Herbst vergangenen Jahres musste der Architekt den Standort des neuen Gebäudes hinter der Prälatur nach Westen und etwas nach Norden verschieben. Damit kam man in den Bereich des früheren Kreuzgangs, den Archäologen ursprünglich eigentlich als „sakrosankt“ bezeichnet hatten. Deshalb ist es auch für die Denkmalschützer vom Regierungspräsidium Freiburg alles andere als überraschend, dass beim Graben Gräber und Knochen entdeckt wurden.

Am Dienstag wird sich die Behörde mit dem Architekten und dem Bauherren an Ort und Stelle treffen. Eine Verzögerung der Bauarbeiten befürchten jedoch weder die Archäologen noch der Architekt: die geplante Baustraße verlaufe unterhalb der gefundenen Gebeine und dass erneut Gräber gefunden würden, sei nicht zu erwarten. Schon am Mittwoch soll weitergebaggert werden. Was mit den geborgenen Gebeinen nach der Analyse passieren wird, ist noch nicht geklärt. Wahrscheinlich werden sie an anderer Stelle bestattet.

Bei den Toten handelt es sich mit großer Sicherheit um Kartäusermönche, in einzelnen Fällen vielleicht auch um Stifter, denen die Ehre gewährt wurde, im Kloster bestattet zu werden. Unter den auf dem Klosterfriedhof Begrabenen ist auch der berühmteste Prior (Vorsteher) der Freiburger Kartäuser. Der Mönch und Hochschullehrer Gregor Reisch hat 1503 mit der „Margarita Philosophica“ einen veritablen Bestseller herausgegeben. Sein zwölfbändiges Werk war ein Jahrhundert das am weitesten verbreitete Lehrbuch der Philosophie und Standardwerk des enzyklopädischen Wissens im Mittelalter.