Punkt vier nimmt die Ernährungs- und Konsumgewohnheiten generell ins Visier. Eine schwedische Studie von Anfang 2011 hat nämlich erbracht, dass von allen auf der Erde erzeugten Nahrungsmitteln rund ein Drittel nie beim Verbraucher ankommt: Sie werden schon auf dem Acker aussortiert, verderben auf dem Weg oder landen schlicht in der Tonne.

 

In den Entwicklungsländern mangelt es an einer entsprechend leistungsfähigen Infrastruktur, etwa verlässlichen Transporten, Lagerhallen oder Kühlmöglichkeiten. In der Überflussgesellschaft des Westens ist dagegen das Bewusstsein für das Lebensmittel nicht ausgeprägt genug. Mit ohrenbetäubenden, kreischenden Klängen untermalt daher der Film "Taste the Waste" die Lastwagenfahrt durch eine österreichische Großstadt, die das unverkaufte Brot vom Vortag zur Verbrennungsanlage bringt: Nahrung hat nur noch einen Heizwert.

Auch der politische Rahmen ist wichtig

Deutsche Haushalte geben vielleicht zehn Prozent des Einkommens für Nahrungsmittel aus. In Entwicklungsländern liegt diese Quote dagegen bei 40 Prozent, im Extremfall bei bis zu 80 Prozent, schätzt Rafaël Schneider von der Welthungerhilfe in Bonn und erklärt die Folge: "Steigen die Preise, wird es für diese Menschen eng. Gespart wird dann an der Gesundheit, bei der Ausbildung und bei der Kleidung."

Entscheidend werden in Zukunft daher nicht die Naturwissenschaften und die Agrarforschung sein, sondern die politischen Rahmenbedingungen in den Entwicklungsländern. Kriege gefährden die Fortschritte in der Entwicklung ebenso wie Korruption und Misswirtschaft, so der Welthungerhilfe-Mann Schneider. Somalia etwa hat es in diesen Monaten besonders hart getroffen: Dürre und Konflikte treiben die Menschen aus dem Land.

Im Oktober hat ein internationales Forscherteam in der Fachzeitschrift "Nature" noch einmal nachgerechnet und zusammengetragen, wie die von Kofi Annan angemahnte Bekämpfung des Hungers ausschauen könnte. Der Masterplan der Wissenschaftler, dessen einzelne Punkte nicht neu sind, zielt auf eine nachhaltige, ressourcenschonende Landwirtschaft, um die Ernährungssicherheit der kommenden Jahrzehnte zu garantieren.

Erträge steigern und Klima schützen

"Es geht nicht darum, die Produktion mit allen Mitteln zu steigern", erklärt der Bonner Pflanzenbauer und Mitautor der Studie, Stefan Siebert. Der Untersuchung zufolge ist es möglich, die Erträge zu steigern und dabei Umwelt und Klima sogar weniger zu belasten. Der Vierpunkteplan spricht sich erstens gegen eine weitere Ausdehnung von landwirtschaftlich genutzten Flächen aus.

Der oft genug geopferte Wald muss mit seinen ökologischen Funktionen erhalten bleiben. Der Brandrodung von Regenwald folgt ohnehin kaum eine langfristige und nachhaltige Landbewirtschaftung, dazu sind die Böden zu schlecht. Zweitens verweisen die Forscher auf enorme Unterschiede in Ernteerträgen. Asiatische und afrikanische Bauern arbeiten oft bei ähnlichen Klimabedingungen, doch die Ernteerträge in Asien liegen um den Faktor 10 bis 15 höher. "Die fahren dort drei Ernten im Jahr ein", sagt Siebert. Diese Lücke gelte es zu schließen.

Ein Hebel dafür wäre - Punkt drei - ein besserer Einsatz der Ressourcen, etwa von Dünger und Wasser für die Bewässerung der Pflanzen. Es bringt wenig, die sehr ertragreichen Flächen in den entwickelten Ländern noch mehr zu düngen. In den Entwicklungsländern dagegen brächte das Düngen viel größere Ertragssteigerungen, erklärt Siebert. Auch sollten die besten Agrarflächen der Nahrungsmittelproduktion vorbehalten bleiben. Energiepflanzen kämen dann nur noch auf die B-Lagen.

Nahrung hat nur noch einen Heizwert

Punkt vier nimmt die Ernährungs- und Konsumgewohnheiten generell ins Visier. Eine schwedische Studie von Anfang 2011 hat nämlich erbracht, dass von allen auf der Erde erzeugten Nahrungsmitteln rund ein Drittel nie beim Verbraucher ankommt: Sie werden schon auf dem Acker aussortiert, verderben auf dem Weg oder landen schlicht in der Tonne.

In den Entwicklungsländern mangelt es an einer entsprechend leistungsfähigen Infrastruktur, etwa verlässlichen Transporten, Lagerhallen oder Kühlmöglichkeiten. In der Überflussgesellschaft des Westens ist dagegen das Bewusstsein für das Lebensmittel nicht ausgeprägt genug. Mit ohrenbetäubenden, kreischenden Klängen untermalt daher der Film "Taste the Waste" die Lastwagenfahrt durch eine österreichische Großstadt, die das unverkaufte Brot vom Vortag zur Verbrennungsanlage bringt: Nahrung hat nur noch einen Heizwert.

Auch der politische Rahmen ist wichtig

Deutsche Haushalte geben vielleicht zehn Prozent des Einkommens für Nahrungsmittel aus. In Entwicklungsländern liegt diese Quote dagegen bei 40 Prozent, im Extremfall bei bis zu 80 Prozent, schätzt Rafaël Schneider von der Welthungerhilfe in Bonn und erklärt die Folge: "Steigen die Preise, wird es für diese Menschen eng. Gespart wird dann an der Gesundheit, bei der Ausbildung und bei der Kleidung."

Entscheidend werden in Zukunft daher nicht die Naturwissenschaften und die Agrarforschung sein, sondern die politischen Rahmenbedingungen in den Entwicklungsländern. Kriege gefährden die Fortschritte in der Entwicklung ebenso wie Korruption und Misswirtschaft, so der Welthungerhilfe-Mann Schneider. Somalia etwa hat es in diesen Monaten besonders hart getroffen: Dürre und Konflikte treiben die Menschen aus dem Land.

Stabile Demokratien und diversifizierte Volkswirtschaften wie in Brasilien, Costa Rica und Thailand geben ein Beispiel und weisen einen Weg aus der Krise. Der große politische Rahmen ist genauso wichtig wie die Erkenntnisse der Forschung - und wie unser Verhalten in den Industrieländern als Verbraucher und Mitmenschen.

Expertentipps: Was wir gegen den Hunger tun können

Bedarf "Bevor ich einkaufen gehe, schau ich in den Kühlschrank, was ich wirklich brauche", sagt Stefan Siebert, Pflanzenbauer an der Uni Bonn.

Abfall "Wegwerfen macht Nahrungsmittel knapp", berichtet Joachim von Braun, Agrarökonom am Zentrum für Entwicklungsforschung in Bonn.

Fair "Produkte aus fairem Handel kaufen; in örtlichen Initiativen engagieren", empfiehlt Rafaël Schneider von der Welthungerhilfe in Bonn.

Kosten "Geiz ist geil - diese Einstellung schadet der Umwelt, den Tieren und den Menschen", glaubt Detlef Virchow, Agrarökonom am Food Security Center der Universität Hohenheim.

Geld "Spenden hilft", weiß Detlef Virchow von seiner Tätigkeit als langjähriger Entwicklungshelfer.

Literatur Handbuch Welternährung. Das Buch packt die Problematik des Hungers und der Ernährungssicherung in vielen Facetten an, CampusVerlag, 2011, 16,90 Euro.

Filme Eine Reihe an Dokumentarfilmen verfolgt unsere Überflussgesellschaft vom Lebensmittelanbau auf dem Feld und in fernen Ländern bis in den Abfalleimer: Taste the Waste (2011), Food, Inc. (2008), We feed the World (2005).