Die Universität Stuttgart hält an dem von ihr verliehenen Titel für die Frau des gestürzten ägyptischen Staatspräsidenten fest.

Stuttgart - Ihr Kampf für Chancengleichheit und Toleranz, kurz für die Werte der Humanität, soll uns ein Vorbild sein." Mit diesen Worten hatte der frühere Rektor der Universität Stuttgart, Dieter Fritsch, 2004 Suzanne Mubarak die Ehrenbürgerwürde der Uni verliehen. Daran will die Uni trotz der aktuellen Geschehnisse in Kairo festhalten. Fritsch begründete die vom Unisenat beschlossene Auszeichnung für die Frau des vor drei Wochen gestürzten ägyptischen Staatspräsidenten damals mit "ihren vielfältigen Verdiensten um das Gemeinwesen, insbesondere für ihr internationales Engagement zur Förderung der Ausbildung von jungen Menschen und für die Rechte von Frauen und Kindern sowie für ihre Verdienste bei der Einrichtung der Deutschen Universität in Kairo".

 

Doch gerade auch Frauen, junge Leute und Kinder waren es, die mit ihren Protesten auf dem Tharir-Platz das brutale Polizeiregime Mubaraks vor drei Wochen zum Sturz brachten. Toleranz und Humanität? Das waren im ägyptischen Volk weitgehend Fremdworte. Stattdessen regierten Willkür und Folter. Der Mubarak-Clan soll sich unrechtmäßig bereichert und Milliardenbeträge illegal ins Ausland geschafft haben, viele Länder verhängten ein Einreiseverbot gegen die Familie. Amnesty International hat angekündigt, bei einem Deutschlandaufenthalt Mubaraks die Bundesanwaltschaft einzuschalten. Diese müsste dann prüfen, ob sie gegen ihn wegen Folter und anderer Menschenrechtsverletzungen ermittelt.

Gegen die Geehrte liegt bis jetzt nichts Belastendes vor

All diese Dinge stehen in absolutem Widerspruch zu dem, was zumindest der Uni Stuttgart über die Gattin des Despoten bekannt ist. Die 69-Jährige gilt als kunstsinnig und gebildet. Sie habe in Ägypten eine Alphabetisierungskampagne in Gang gebracht, Schulkindern kostenfreien Zugang zu Unterricht und Lernmitteln sowie eine Sozialversicherung verschafft und nicht zuletzt "wesentlich zum Gelingen der Einführung der Deutschen Universität in Kairo (GUC) beigetragen", sagt Andrea Mayer-Grenu, die Sprecherin der Uni Stuttgart, welche Partneruni der GUC ist.

"Suzanne Mubarak war damals Vorbild im Land. Sie hat die Ehrung nicht als Präsidentengattin, sondern für ihr soziales Engagement bekommen", erklärt Mayer-Grenu. Und sie betont: "Uns sind bis dato keine rechtlich belastbaren Vorwürfe gegen ihre Person bekannt." Man werde die weitere Entwicklung in Kairo aber "mit großer Aufmerksamkeit" beobachten. "Wenn doch etwas Belastendes ans Licht kommt, müssen wir das neu bewerten." Darüber habe dann der Unisenat zu befinden. Rund 40 Persönlichkeiten haben seit 1929 die Ehrenbürgerwürde erhalten, seit den 60er Jahren aber nur vier: der frühere Bosch-Chef Hans Merkle (1994), Altbundespräsident Richard von Weizsäcker (1995) und 2004 neben Suzanne Mubarak auch Alt-OB Manfred Rommel. Geehrt worden seien "Personen, die sich in besonderer Weise um das Gemeinwohl verdient gemacht haben". Rommel etwa sei für seine Toleranz und Liberalität im Umgang mit den Baader-Meinhof-Terroristen sowie für sein Engagement bei der Einrichtung des Zentrums für Kulturwissenschaften und Kulturtheorie geehrt worden. Aberkennungen habe es nur in der NS-Zeit gegeben.