Aufwendiges Programmieren soll bald der Vergangenheit angehören. An der Universität Stuttgart entwickeln Forscher Roboter, die sich eigenständig neues Wissen aneignen können.

Stuttgart - Roboter spielen schon seit Jahren eine wichtige Rolle in der Fertigungsindustrie. Vor allem im Automobilbereich übernehmen sie inzwischen im Zuge der Automatisierung von Produktionsprozessen zunehmend komplexere Aufgaben. Jedem Roboter kommen dabei spezifische, zuvor festgelegte Aufgaben zu. Im Regelfall werden die Maschinen vom Hersteller dem Einsatzgebiet entsprechend vorprogrammiert oder vor Ort an die individuellen Bedürfnisse des Kunden angepasst.

 

Unternehmen wünschen sich inzwischen jedoch zunehmend Roboter, die lernfähig sind und nicht für jede neue Aufgabe aufwendig umprogrammiert werden müssen. An dieser Stelle kommen Marc Toussaint und sein zehnköpfiges Team der Arbeitsgruppe Maschinelles Lernen und Robotik (MLR) an der Universität Stuttgart ins Spiel. „Unsere Forschung ist in erster Linie grundlagenorientiert. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Roboter autonom lernen können“, erzählt Toussaint. „Wir sagen den Robotern nicht, was sie tun sollen, sondern lassen sie eigenständig entscheiden – mit dem Ziel, etwas Neues zu erlernen.“

Der Roboter kostet knapp 200 000 Euro

Der Roboter, mit dem die Forscher der Universität Stuttgart arbeiten, heißt PR2. Er ist eineinhalb Meter groß und kostet knapp 200 000 Euro. Der PR2 verfügt über eine Vielzahl von Sensoren und Kameras, zwei lange Greifarme und einen Kopf, auf dem ein Kinect-Sensor befestigt ist. Letzteren kennt man eigentlich von Microsofts Spielekonsole Xbox. Doch mit Kinect, das mit einem Tiefensensor sowie einer Farbkamera ausgestattet ist, kann man nicht nur Videospiele spielen: „Damit lassen sich die räumlichen Gegebenheiten analysieren“, erklärt Toussaint. „Der PR2 kann dadurch aber auch Personen und Gesten erkennen. So wird die Interaktion mit Menschen überhaupt erst möglich, die sehr wichtig ist, wenn der Roboter etwas lernen soll.“

Im Idealfall eignen sich die Roboter der Zukunft ihr Wissen also direkt von den Personen an, mit denen sie kommunizieren. Man sagt dem Roboter etwas oder macht ihm etwas vor – und er macht es nach. Das können einfache handwerkliche Tätigkeiten, aber auch komplexere Handlungen sein. Theoretisch kommen die lernfähigen Roboter aber auch ganz ohne menschliche Unterstützung aus. Ziel der aktuellen Forschung ist beispielsweise, dass der PR2 der Universität Stuttgart in einem ihm unbekannten Raum beginnt, diesen auf eigene Faust zu erkunden. Er öffnet Schubladen und entdeckt darin Dinge, die er noch nie zuvor gesehen hat. Nachdem er verstanden hat, was er damit machen kann, findet er die Objekte „langweilig“ und widmet sich neuen Herausforderungen. „Auf diese Weise entwickelt sich ein fortlaufender Lernprozess. Der Roboter ist von sich aus neugierig und wird durch immer neue überraschende Entdeckungen belohnt“, so Toussaint. Bis die von den Forschern entwickelte künstliche Intelligenz lernfähige Roboter außerhalb der Labore hervorbringt, werden allerdings noch rund zehn Jahre vergehen.

Als Übungsgegenstände dienen Möbelstücke

Schon in knapp drei Jahren werden intelligente Roboter dem Menschen aber zumindest assistieren können. Im Rahmen des von der EU geförderten „3rdHandRobot Project“ arbeitet das MLR derzeit an einem Roboter, der mechanische Aufgaben in Kooperation mit einem menschlichen Konterpart erledigt. Als Übungsgegenstände dienen dem Team von Marc Toussaint Möbelstücke: während man selbst noch den Inhalt der Kiste auspackt und vorsortiert, schraubt der Roboter schon einmal das Tischbein an. In nicht allzu ferner Zukunft könnten Roboter dann nicht nur eigenständig den ganzen Tisch aufbauen, sondern auch das Paket entgegennehmen und auspacken. Nur bestellen muss man noch selbst.