In unserem Stuttgart-Adventskalender öffnen wir jeden Tag ein spannendes Türchen in Stuttgart für Sie. Am 19. Dezember ist es die Tür zum Büro von Christian Wörner. Der Bauingenieur ist für die Terminplanung von Stuttgart 21 zuständig – und sieht darin Parallelen zum Trommeln.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Gut viereinhalb Meter sind es von Feuerbach bis Ulm. Aber nur auf jenem Plan, vor dem Christian Wörner steht. Wobei Plan vielleicht untertrieben ist als Beschreibung für das Wirrwarr aus bunten Flächen, kleinen Rautensymbolen und schräg verlaufenden Linien, das sich auf voller Länge an der Bürowand von Wörner breit macht. Mit dieser – freundlich ausgedrückt – farbigen Vielfalt, glaubt der 45-Jährige Stuttgart 21 und die Neubaustrecke nach Ulm beherrschen zu können. Der Bauingenieur ist Leiter der Projektsteuerung und damit Herr über die Terminpläne der beiden milliardenschweren Bahnprojekte, die ineinander greifen.

 

Wörner mag den Zeitplan noch nicht aufgeben

Der Plan an der Wand in Wörners Büro an der Räpplenstraße ist ein sogenanntes Weg-Zeit-Diagramm. Die x-Achse zeigt den Verlauf von eben Feuerbach bis an den Nordkopf des Ulmer Hauptbahnhofs, die y-Achse die Jahre bis zur angestrebten Inbetriebnahme – nach wie vor Ende des Jahres 2021 mit einer starken Tendenz zu 2022. Das will Wörner so aber nicht stehen lassen. „Es ist unsere Aufgabe, Möglichkeiten zu finden, den Verzug aufzuholen.“

Gut 40000 Arbeitspakete – also zusammengefasste einzelne Arbeitsabschnitte – sind in einer speziellen Software erfasst und fügen sich zur Detailterminplanung zusammen. Dauert einer der Arbeitsschritte länger als ursprünglich geplant, fließt das in die Planung ein und die Software kontrolliert, ob diese Verzögerung Auswirkung auf den Gesamtterminplan hat. Nicht erst wenn dieser Fall eintritt, sitzt Wörner mit jenen Experten am Tisch, die „draußen“ das Projekt bauen müssen. In jedem der sechs Teilabschnitte gibt es wieder eigene Projektsteuerer. Deren Arbeit führt das zwölfköpfige Team von Wörner zusammen. „Die Analyse des Ist-Zustands ist dabei die einfachere Aufgabe“, erklärt Wörner. Komplex wird’s wenn es daran geht, bereits eingetretene oder sich abzeichnende Verzögerungen wieder wettzumachen. Dann werden Bauabläufe durchleuchtet und infrage gestellt. Dass Wörner von Hause aus Bauingenieur ist, kommt dann voll zum Tragen. Er kann nicht nur Termin-, sondern auch Baupläne lesen.

An Hochgeschwindigkeits- und S-Bahnstrecken gearbeitet

Nach dem Studium wechselte er ins Fach der Projektsteuerer. Damals stand Wörner aber noch auf den Lohnlisten großer Bauunternehmer, die die Schnellfahrstrecken zwischen Frankfurt und Köln sowie zwischen Ingolstadt und Nürnberg bauten. 2001 wechselte er zur Bahn und begleitete etwa den Umbau des Stellwerks in Plochingen sowie den Ausbau des S-Bahnnetzes zwischen Renningen und Böblingen. Schließlich heuerte Wörner bei der für Stuttgart 21 zuständigen Bahn-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU) an – da allerdings wieder als für die Bautätigkeiten verantwortlicher Leiter des Abschnitts von Feuerbach zum neuen Hauptbahnhof.

Die sich nun abzeichnenden Verzögerungen von bis zu zwei Jahren am Bahnhof und einem am Feuerbacher Tunnel rauben Wörner nicht die Nachtruhe. „Ich kann gut schlafen“, antwortet er auf eine entsprechende Frage. Ausgleich findet Wörner in der Musik. Er ist Schlagzeuger – und findet überraschende Parallelen zwischen seinem Hobby und seinem Beruf. „Ich sage, wann es los geht, halte unterwegs das Tempo und zeige an, wann Schluss ist“. Unter anderem spielt er auch in der PSU-internen Firmenband – zuletzt Mitte Dezember, als die Projektgesellschaft ihre Mitarbeiter zum Weihnachtsmarkt aufs Firmengelände an der Räpplenstraße geladen hat.

Sinnspruch an der Wand

Und falls Wörner doch einmal Gefahr laufen sollte, im Arbeitsalltag den Takt nicht halten zu können, reicht es, wenn er auf die Wand gegenüber seinem Schreibtisch blickt. Dort heißt es auf einem Din-A4-Blatt: „Alle sagten, das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat’s einfach gemacht“.

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