In einem Quartier in Deizisau sollen 28 Flüchtlinge untergebracht werden, die in anderen Unterkünften bereits negativ aufgefallen sind. Sie sollen dort eine zweite Chance bekommen. Die künftigen Bewohner stehen dabei unter besonderer Beobachtung.

Deizisau - Gut einen Monat nach den brutalen Auseinandersetzungen in zwei Asylbewerberunterkünften in Ostfildern zieht das Esslinger Landratsamt erste praktische Konsequenzen. Von Montag an werden auffallend renitente Flüchtlinge in Deizisau untergebracht. Dies ist das erste von drei geplanten solcher Häusern. Den Standort haben das Landratsamt und die Gemeinde am Wochenende in einer gemeinsamen Presseerklärung bekannt gegeben.

 

Das Quartier am Ortsrand der rund 6500 Einwohner zählenden Gemeinde bietet Platz für 28 Personen. Bereits bisher waren dort Asylbewerber untergebracht. Diese habe man umquartiert, um den „auffälligen Personen“ eine Art Bewährungschance zu geben. Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung: „Menschen, die sich nicht in größeren Unterkünften integrieren können, sollen in einer kleinen Unterkunft die Chance für eine Stabilisierung erhalten.“

Der Deizisauer Bürgermeister Thomas Matrohs versteht das Projekt als Teil der gesellschaftlichen Verantwortung für die Flüchtlingsunterbringung, bei der sich alle Kommunen einbringen müssten. „Deizisau stellt sich seiner Verantwortung“, sagte Matrohs. Dass dies alle Deizisauer bewusst machen, ist allerdings unwahrscheinlich. Die Wahl des Standorts ist aus Sorge vor möglichen Übergriffen bis zuletzt nicht öffentlich behandelt worden.

Vor Weihnachten Messerattacken in Unterkünften

Wenige Tage vor Weihnachten hatte der Landkreis Esslingen angekündigt, Flüchtlinge, die in größeren Unterkünften Unruhe stiften, in zwei oder drei speziellen Heimen im Kreis einzuquartieren. Das Landratsamt reagierte mit diesem Schritt auf Forderungen ehrenamtlicher Helfer. Der Ostfilderner Freundeskreis Asyl hatte die Zustände in den Flüchtlingsunterkünften in den Stadtteilen Scharnhausen und Scharnhauser Park als „unhaltbar“ bezeichnet.

An den Standorten war es zuvor zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern gekommen. In der Nacht zum 14. Dezember hatte in Scharnhausen ein 24-jähriger Algerier einen 22 Jahre alten Landsmann niedergestochen und dabei schwer verletzt. Bei dem Streit soll es um Geld gegangen sein. In derselben Nacht war es laut der Vorsitzenden des Freundeskreises, Andrea Koch-Widmann, in der mit 120 Flüchtlingen belegten Notunterkunft in der Blumenhalle im Scharnhauser Park auch zu Übergriffen gekommen. Männer hätten sich geprügelt, Mobiliar sei zu Bruch gegangen, und es seien ebenfalls Messer gezückt worden.

Sorge um Sicherheit von Bewohnern und Ehrenamtlichen

Dabei hatten die Helfer vom Freundeskreis bis dahin das Gefühl, dass in der Blumenhalle „ein gutes Miteinander“ herrschte, so Andrea Koch-Widmann. Am 11. Dezember jedoch sei eine Gruppe von 20 Männern einquartiert worden, die massiv Unruhe gestiftet habe. Der Freundeskreis drängte auf eine Verlegung , „um die Sicherheit für die anderen Flüchtlinge, für die ehrenamtlichen Helfer und nicht zuletzt für die Nachbarn der Unterkünfte zu gewährleisten.“ So begründete Andrea Koch-Widmann den Vorstoß, der beim Landkreis Gehör fand.

„Vor allem in größeren Unterkünften haben wir immer wieder Flüchtlinge, die für Streit sorgen und das Zusammenleben stören“, erklärt die Erste Landesbeamtin beim Landkreis Esslingen, Marion Leuze-Mohr. Um das Zusammenleben in diesen Unterkünften zu verbessern, würden jetzt auffällige Personen in der Unterkunft am Ortsrand von Deizisau zusammengefasst.

Sicherheitskonzept mit der Polizei abgestimmt

Die Ursachen von auffälligem Verhalten seien vielfältig und zum Teil auch auf die Fluchterlebnisse zurückzuführen, heißt es in der Erklärung des Landratsamts und des Rathauses. Der Versuch ziele nicht darauf ab, Straftäter zu sanktionieren. Dies sei die Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, stellt das Landratsamt klar. „Die Zusammenfassung auffälliger Flüchtlinge soll gerade in den größeren Unterkünften dazu beitragen, ein funktionierendes soziales Gefüge beizubehalten“, so die Hoffnung der Behörden.

Das Sicherheitskonzept für die Einrichtung in Deizisau sei mit der Polizei abgestimmt worden. Zunächst bestehe dieses aus einer erhöhten Beobachtung, erklärte der Landkreissprecher Peter Keck. Details nannte er nicht. Nur so viel: In dieser ersten Einrichtung dieser Art im Landkreis müsse man flexibel auf die Herausforderungen reagieren.

Unklar ist, ob in Deizisau ebenfalls Ehrenamtliche eingesetzt werden und ob es höhere Sicherheitsstandrads gibt als in herkömmlichen Einrichtungen. Wo die zwei weiteren geplanten Unterkünfte für auffällige Flüchtlinge im Kreisgebiet geplant sind, ist noch nicht bekannt.