Immer mehr Firmen und Betriebe nehmen an Wettbewerben teil, um ihr Engagement in der Bereichen Aus- und Fortbildung bewerten zu lassen. Das ist gut fürs Image, bringt aber auch einen echten Mehrwert.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Kreis Göppingen - Sowohl die IHK-Bezirkskammer wie auch die Handwerkskammer Göppingen haben vor einigen Wochen ihre besten Auszubildenden geehrt. Doch längst machen sich derartige Auszeichnungen nicht nur für die jungen Gesellen bei Bewerbungen gut. Auch Firmen und Betriebe bemühen sich um solche Preise. Erfolge gab es dabei im Stauferkreis zuletzt gleich eine ganze Handvoll.

 

Die Göppinger Konditorei Berner etwa hat sich vor Kurzem die „Bildungspyramide“ gesichert, mit der die Handwerkskammer der Region Stuttgart „außergewöhnliches Engagement und exzellente Unterstützung in der Ausbildung honoriert“, wie deren Hauptgeschäftsführer Claus Munkwitz betont. Ausgezeichnet – und zwar mit dem „Ausbildungszertifikat“ der Bundesagentur für Arbeit – wurden im April auch die Feng-Shui-Autobahnraststätte Gruibingen sowie der Böhmenkircher Präzisionsfedernhersteller Ziller.

Hüntelmann: Fachkräftegewinnung ist das Zukunftsthema

Für Wilfried Hüntelmann, den Leiter der Göppinger Arbeitsagentur, sind diese Preise „viel mehr als eine Urkunde, mit der man das Büro schmückt“. Sei es vor einiger Zeit noch notwendig gewesen, bei Unternehmen um Lehrstellen zu werben, so ließen sich diese inzwischen oft nicht adäquat besetzen, sagt er. „Die Fachkräftegewinnung ist aber das Zukunftsthema, weshalb die betriebliche Ausbildung immer mehr in den Fokus rückt“, ergänzt Hüntelmann. Viele Verantwortliche hätten erkannt, dass sie das bewährte System pflegen müssten. „Deshalb verdienen die, die das gut machen, auch eine Anerkennung“, schildert der Göppinger Agenturchef seine Sicht der Dinge.

Über derartige Auszeichnungen seien aber nicht nur die Firmen froh, weil sie zeigten, dass ihre Leistung wahrgenommen werde, fährt er fort. Sie seien auch ein  Signal für potenzielle Bewerber und könnten zwar nicht die Berufswahl beeinflussen, wohl aber ein Kriterium bei der Wahl des Betriebs und damit ein Standortvorteil sein. Hüntelmann appelliert deshalb an die Unternehmen, „gerade jetzt, wo die Vermittlung auf Hochtouren läuft, ihre Lehrstellen bei uns zu melden“.

Zimmermann: Prozesse optimieren, Beschäftigte mitnehmen

Das wird wohl auch der Industriebürsten-Hersteller Mink mit Sitz in Göppingen-Jebenhausen tun, obwohl es nicht zwingend notwendig sein dürfte. Der mittelständische Betrieb hat sich heuer, wie berichtet, den erstmals bundesweit ausgeschriebenen IHK-Bildungspreis gesichert. Gewürdigt wurden damit die internen Weiterbildungsangebote des Unternehmens, die unter dem Titel „Mink-Akademie“ firmieren. „Wir haben vor einigen Jahren festgestellt, dass unsere Abläufe nicht mehr stimmen, und uns bei Festo Didactic Rat geholt“, sagt Daniel Zimmermann, kaufmännischer Leiter bei Mink. Herausgekommen sei dabei, dass zur Qualitätssicherung Prozesse optimiert, aber eben auch die Beschäftigten mitgenommen werden müssten, fügt er hinzu.

Inzwischen setzt die Firma dieses Unterfangen in Eigenregie um: Trainer werden ausgebildet und mehr als 40 oft praxisorientierte Seminare pro Jahr organisiert. „Daran müssen alle teilnehmen, vom Zeitarbeiter bis zum Abteilungsleiter“, berichtet Zimmermann. Doch von lästiger Pflicht könne keine Rede sein. „Unsere Leute freuen sich darauf und fragen sogar nach, wann sie denn wieder an der Reihe sind“, erklärt er. Für Mink sei der IHK-Award daher auch nicht nur imagefördernd, sondern von konkretem Nutzen: „Schon seit einiger Zeit tendiert die Personalfluktuation in unserem Hause gegen null.“ Und Gutes ließ sich mit den 6000 Euro Preisgeld auch noch tun: Mink reichte den Betrag an die Staufen Arbeits- und Beschäftigungsförderung weiter.

Interview zur Bedeutung von Ausbildungspreisen

Zumindest gefühlt gibt es immer mehr Ehrungen und Preise, gerade auch, wenn es um die Bereiche Aus- und Fortbildung geht. Hanspeter Erne, Bildungsexperte von der Göppinger IHK bestätigt diesen Trend – und hält ihn für sinnvoll.
Herr Erne, dass gute Auszubildende mit Preisen bedacht werden, hat ja bereits Tradition. Wie kommt es, dass sich inzwischen auch immer mehr Ausbildungsbetriebe um Auszeichnungen bemühen?
Zunächst einmal gibt es zweierlei Arten von Preisen für Auszubildende. Zum einen vergibt die IHK nach jeder Abschlussprüfung Auszeichnungen für die besten Azubis in der Region sowie auf Landes- und auf Bundesebene. Zum anderen werden Preise etwa von Institutionen, Stiftungen oder Unternehmen ausgelobt, und zwar sowohl für Auszubildende als auch für Ausbildungsbetriebe. Ganz egal, ob ein Azubi oder ein Betrieb geehrt wird, ein Preis ist immer ein Merkmal für gute Leistungen. Unternehmen leben vom Potenzial ihrer Beschäftigten, und deshalb sind hervorragende Leistungen immer ein prima Aushängeschild.
Welchen sonstigen „Wert“ haben denn solche Preise für Unternehmen?
In Zeiten zurückgehender Bewerberzahlen spielt die Qualität der Ausbildung in einem Betrieb eine immer wichtigere Rolle. Gute Bewerber können sich heutzutage die Ausbildungsbetriebe, in denen sie ihre Lehre machen wollen, aussuchen. Betriebe, die sich mit Auszeichnungen und Preisen schmücken können, haben also im Wettbewerb um Fachkräfte einen Vorteil. Insofern haben solche Preise einen nicht zu unterschätzenden Wert für die Fachkräftesicherung und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Gerade deshalb gibt es auch die IHK-Innovationspreise für Ausbildung und Weiterbildung in der Region. Zudem würdigen auch die Arbeitsagentur und die Handwerkskammern gute Leistungen der Jugendlichen und der Betriebe.
Sind solche Wettbewerbe möglicherweise auch ein Mittel, um anderen Firmen, die das Thema noch nicht so sehr auf der Agenda haben, die Bedeutung einer guten Ausbildung bewusst zu machen?
Mit Sicherheit. Wer im Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen will, muss sich etwas einfallen lassen. Grundsätzlich ist die Bildungsqualität ein wichtiger Standortfaktor für eine Region. Insofern sind viele Akteure gefordert, um die Qualität in den Schulen und in den Ausbildungsbetrieben zu sichern. Dabei spielt natürlich die Schul- und Bildungspolitik eine wesentliche Rolle, aber eben auch ein modernes Ausbildungsmarketing und das positive Image eines Ausbildungsbetriebs.
Gibt es diesem Jahr im Kreis Göppingen noch weitere Konkurrenzen, an denen Ausbildungsbetriebe teilnehmen können?
Ja, die gibt es. Wir haben ja schon einige Firmen und Auszubildende aus dem Stauferkreis, die in Land und Bund auf dem Siegertreppchen standen. Das sind sehr erfreuliche und für den Kreis Göppingen wichtige Nachrichten. In den nächsten Tagen wird es eine weitere gute Nachricht geben. Ein Unternehmen aus dem Kreis wird für sein außergewöhnliches Engagement bei Auslandspraktika und anderen Auslandstätigkeiten seiner Auszubildenden gewürdigt. Auch das ist ein Marketingvorteil bei der Gewinnung von guten Auszubildenden.
Und für Lehrlinge kommt ebenfalls noch ein Wettbewerb hinzu?
Ja, von diesem Jahr an wird im Kreis der „Gebauer’s Ausbildungspreis“ verliehen. Um diesen Preis können sich Auszubildende gemeinsam mit ihrem Betrieb bewerben. Das Besondere ist, dass neben guten Leistungen während der Ausbildung vor allem das zusätzliche soziale Engagement, das ein Azubi während der Ausbildung gezeigt hat, berücksichtigt wird.