Vier Jahre und sechs Monate lautet das Urteil für einen Unternehmer, der Leasingfirmen und Geldgeber getäuscht hat. Er verkaufte Kräne, die er gar nicht besaß, oder gab sie als Sicherheit für Kredite an. Der 61-Jährige hält sich für vermindert schuldfähig.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Persönlich hatte er nichts von dem Geld – außer seine Firma vor dem Bankrott zu bewahren. Fast zwölf Millionen Euro hat ein 61-jähriger Unternehmer aus dem Raum Böblingen innerhalb von vier Jahren mittels Betrugs, Veruntreuung und Unterschlagung erwirtschaftet. Er habe zum größten Kranverleih Süddeutschlands werden wollen, erklärte der Mann vor dem Stuttgarter Landgericht. Weil seine Firma aber seit Jahren in Schwierigkeiten steckte, da die Mieteinnahmen zurückgegangen waren, verkaufte er Kräne, die er gar nicht besaß, oder bot sie als Sicherheit für neue Kredite an. Zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilte ihn eine Große Strafkammer am Freitag. „Das ist eine Menge Holz“, sagte der Vorsitzende Richter zu der immensen Schadensumme.

 

Größenwahn als Grund für den Betrug

Der Angeklagte hatte seinen Größenwahn als Grund für den Betrug angegeben. Er sah sich deshalb als vermindert schuldfähig an. Sein Leben lang schon leide er an einer Depression und habe starke Stimmungsschwankungen. Doch der psychiatrische Gutachter bestätigte diese Ansicht in dem Prozess nicht. Er diagnostizierte nur eine leichte Persönlichkeitsstörung – den Hang, zu positiv zu denken. „Nicht jeder optimistische Unternehmergeist führt jedoch gleich zu krankhaftem Wahn“, sagte der Richter. Von einer manischen Erkrankung sei nicht auszugehen: Denn dann wäre der Angeklagte nicht in der Lage gewesen, diese Taten zu begehen. „Er hat nicht direkt gewollt und gewusst, dass er sich strafbar macht“, räumte der Richter lediglich ein.

Der 61-Jährige hatte seine Firma im Jahr 1998 eröffnet. Zuvor war er jahrelang bei seinen Brüdern beschäftigt, die mit einem ähnlichen Geschäftsmodell pleitegingen. Ursprünglich hatte er den Beruf des Bäckers gelernt, musste ihn aber wegen einer Allergie aufgeben. Sein Maschinenpark umfasste rund 60 Kräne, als er sich des „immer undurchsichtiger werdenden Finanzierungsmodells bediente“, wie der Richter sagte. Als „Kranopoly“ nach dem Spiel Monopoly bezeichnete dieser das System mit verschiedenen Zwischenhändlern und dem mehrfachen Verleasen einzelner Kräne. Auf 42 Fällen des Betrugs sowie 38 Fällen von Veruntreuung und Unterschlagung zwischen Oktober 2006 und Januar 2011 basiert sein Urteil. Er kritisierte allerdings auch die Leasingfirmen und Kreditgeber, die diese Geschäfte nicht überwacht hätten, was bei dem Angeklagten die Hemmschwelle immer weiter gesenkt habe. Weil die Kräne auch nach dem Verkauf auf dem Betriebsgelände des Angeklagten oder auf Baustellen blieben, fiel den Finanziers nicht auf, dass ihr Kran gar nicht existierte.

Der Schaden am Ende: 6,7 Millionen Euro

Mit ihrem Urteil blieb die Strafkammer nur einen Monat unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidiger hatten auf eine Freiheitsstrafe von weniger als vier Jahren plädiert. Der 61-Jährige hatte sich vor vier Jahren immerhin selbst angezeigt und bei der Aufklärung seiner Taten mitgeholfen. Er legte ein umfassendes Geständnis ab, „das nicht nur von Selbstmitleid, sondern auch von Reue geprägt war“, erkannte der Richter an. Darüber hinaus ist der Mann nicht vorbestraft. Wegen der langen Verfahrensdauer gelten vier Monate der Freiheitsstrafe schon als verbüßt. Dass er die Betrugsmasche vorsätzlich, gewerbsmäßig und über viele Jahre hinweg betrieb, legte der Richter jedoch negativ aus. Die Taten des 61-Jährigen hatten dazu geführt, dass eine weitere Firma in die Insolvenz gerissen wurde. Zwar konnte einiges wiedergutgemacht werden – etwa durch die Zwangsversteigerung des Einfamilienhauses seiner Frau –, dennoch bleibt am Ende ein Schaden von 6,7 Millionen Euro.

„Der Angeklagte hat sich selbst am meisten geschädigt: gesundheitlich und wirtschaftlich“, sagte der Richter. Ob der 61-Jährige ins Gefängnis geschickt werden kann, muss noch geprüft werden – wegen seiner angeschlagenen Verfassung.