Die Landeswahlleiterin wollte nicht verraten, welche Partei in Haftanstalten Unterschriften für die Landtagswahl sammeln wollte. Nun wird klar: Es war die Satirepartei „Die PARTEI“ – mit durchaus ernstem Hintergrund.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Das Rätselraten, welche Partei in Gefängnissen Unterstützerunterschriften für ihre Landtagskandidaten sammeln wollte, ist beendet: Es war die Satirepartei „Die PARTEI“, die mit ihrer Anfrage im vorigen Sommer eine Prüfung durch die Landeswahlleiterin ausgelöst hatte. Dies offenbarte das für den Wahlkampf zuständige Vorstandsmitglied, Jörg Lesser aus Karlsruhe, gegenüber der StZ. Von dem angebotenen Aushang in den Haftanstalten machte die PARTEI – wie alle anderen – jedoch keinen Gebrauch, weil sie dies als nicht praktikabel ansah.

 

Lesser hatte zunächst bei der Justizvollzugsanstalt Bruchsal angefragt, ob man dort Unterschriften sammeln könne. Die Teilnahme an Wahlen und politischer Bildung gehöre schließlich zu den Grundrechten auch von Gefangenen. Dies wurde jedoch kategorisch abgelehnt: „Die Gewährleistung der parteipolitischen Neutralität in der JVA schließt jegliche Parteiveranstaltungen innerhalb der Anstalt aus“, ließ der Direktor antworten. „Die PARTEI“ könne allenfalls einzelne, namentlich bekannte Gefangene per Post kontaktieren.

Formblätter auslegen zu aufwändig?

Der Wahlkampfmanager wandte sich daraufhin an die Landeswahlleiterin Christiane Friedrich. Nach einer Abstimmung mit dem Justizministerium bot diese der Partei an, die Gefangenen per Aushang auf allen Stockwerken über ihr Anliegen zu informieren. Wer sie unterstützen wolle, könne per Post das entsprechende Formblatt anfordern und es unterschrieben zurückschicken. Lesser kritisierte dies als wenig praktikabel und zu teuer: die Gefangenen mit ihren bescheidenen Einkünften müssten zweimal das Briefporto bezahlen. Zudem könnten sie sich nicht ausreichend über kleine Parteien informieren, da ihnen die Nutzung des Internets untersagt sei. Die ihnen zugänglichen Printmedien berichteten vor allem über größere Parteien.

Sein Kompromissvorschlag: die im Aushang genannten Formulare sollten in den Gefängnissen wenigstens abholbereit vorliegen. Auch dies lehnte die Wahlleiterin ab: Laut Justizministerium seien die Haftanstalten „schon aus Gründen der Personalkapazität nicht in der Lage“, mehrere Stellen zur Aus- und Abgabe der Formblätter einzurichten. „Die PARTEI“ kritisierte dies als „nicht nachvollziehbar“; die Einschaltung eines Anwalts und eine Klage könne man sich aber nicht leisten.

Je ein Spitzenkandidat für Baden und Württemberg

Die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ – so der volle Name – wurde 2004 von Redakteuren des Satiremagazins „Titanic“ gegründet. Bundesvorsitzender ist der Europaabgeordnete Martin Sonneborn. In Baden-Württemberg tritt sie nach Auskunft Lessers in 25 Wahlkreisen an. Dort habe man jeweils die erforderlichen 150 Unterschriften beigebracht. Für Baden und Württemberg gibt es jeweils einen eigenen Spitzenkandidaten.