Ein Professor hat im Landtag über schwere Missstände an der Hochschule in Ludwigsburg berichtet. Er schilderte Unkorrektheiten bei Prüfungen, Mobbing unter Professoren und willkürliche Notenvergabe. Er bat das Parlament um Hilfe.
Stuttgart - Die Affäre um rechtswidrige Zulagen für Professoren ist nur die „Spitze eines Eisbergs“ von bis heute andauernden Missständen an der Beamtenhochschule Ludwigsburg. Dies hat ein Professor der Hochschule am Montag vor dem Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags ausgesagt und das Parlament zugleich um Hilfe gebeten. Er schilderte unter anderem Unkorrektheiten bei Prüfungen, Mobbing unter Professoren und Beispiele für fehlende Wissenschaftlichkeit; in einem Fall komme sogar Untreue in Betracht. Vertreter fast aller Fraktionen zeigten sich schockiert und besorgt angesichts der Aussage. Sie kündigten an, den einzelnen Vorwürfen innerhalb und außerhalb des Gremiums nachzugehen.
Der Professor der Steuerfakultät hatte es im Gegensatz zu 13 Kolleginnen und Kollegen abgelehnt, die rechtswidrigen Zulagen zu erhalten. Damit verzichtete er auf Zusatzbezüge, die sich schnell auf einen fünfstelligen Betrag summieren dürften. Vor dem Ausschuss schilderte er seine Zweifel an der Rechtsgrundlage für die Zulagen, deretwegen die 13 Professoren wegen Beihilfe zur Untreue angeklagt sind. Schon eine Präsentation des Vorgehens durch den früheren Rektor, der wegen schwerer Untreue angeklagt ist, habe ihn stutzig gemacht. Auf Nachfrage habe dieser nichts Schriftliches herausgegeben und das Verfahren später dem Kanzler überlassen.
Kollegen rechneten dem Professor vor, wieviel Geld ihm entgehe
Weil die Möglichkeit für rechtskonforme Zulagen damals bereits ausgelaufen waren, hatten die Professoren Berufungszulagen erhalten – obwohl sie gar nicht neu nach Ludwigsburg berufen wurden. Letztlich hätten sie selbst entscheiden können, ob sie „befördert“ werden wollten, sagte der Zeuge.
Kollegen hätten das Vorgehen als finanziell „lukrativ“ gewertet und ihm vorgerechnet, wie dumm er sei, auf die Zulage zu verzichten. Dabei sei ein „Korpsgeist“ entstanden, dem er sich entgegengestellt habe. Er habe sich zwar bis zur Entscheidung fortlaufend informiert, am Ende aber kein gutes Gefühl gehabt und daher nicht unterschrieben. Empört zeigte sich der Professor, dass die rechtswidrigen Zulagen bis heute bezahlt würden; bisher sei ihm keine Lösung des Problems bekannt.
Neben den Zulagen nannte der Professor diverse Missstände an der Beamtenhochschule. So gebe es Manipulationen bei Prüfungen, gegen die aber nicht vorgegangen werde. Bestimmte Prüfungen würden auch dann noch als bestanden gewertet, wenn der Prüfling eigentlich durchgefallen sei. Ein Kollege habe Studentinnen in die Mensa eingeladen und Klausurnoten verändert, auch vom ihm erteilte. Dies habe er dem vom Wissenschaftsministerium eingesetzten Interimschef der Hochschule berichtet. „Außer einem Lächeln“ habe dieser keine Reaktion gezeigt.
Die Abgeordneten reagierten fassungslos und besorgt
Die Wissenschaftlichkeit der Hochschule zog der Professor massiv in Zweifel. Im Grunde seien die Professoren Lehrer; er kenne keine Hochschule, an der wie in Ludwigsburg nur vormittags unterrichtet werde. Es grenze an Untreue, dass die Räume nachmittags leer stünden. Bachelorarbeiten von Studenten würden zudem nicht aufbewahrt, sondern weggeworfen.
Die Ex-Rektorin Claudia Stöckle habe versucht, die Missstände anzugehen; dies sei ihr aber nicht gut bekommen. Aus Sorge, das gleiche Schicksal zu erleiden, gehe der neue Rektor Wolfgang Ernst die Probleme lieber nicht an. Die Abgeordneten reagierten fassungslos, erschüttert und besorgt auf die Aussage.