Gibt es mehr verheerende Unwetter als früher? Die Versicherer sind bei ihrer Antwort zurückhaltend. Sie wissen anhand der Schäden aber: Die Intervalle zwischen Jahren mit Wetterextremen werden kürzer.

Hannover - Vollgelaufene Keller, anschwellende Flüsse, durchweichte Dämme: Starkregen wie gerade in Niedersachsen, Berlin und anderen Regionen sorgen immer häufiger für Schäden und Schlagzeilen. Wie gehen die Versicherungen damit um, die schon 2011 in einer Klimastudie bis zum Ende des Jahrhunderts eine Verdoppelung, wenn nicht sogar Verdreifachung von Wetterextrema vorhergesagt haben?

 

„In der Langzeitbetrachtung sehen wir, dass sich Jahre mit hohen Schäden und solche mit nur wenigen Schäden die Balance halten - auch wenn die Abstände dazwischen deutlich kürzer werden“, sagt Kathrin Jarosch vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), deren Präsident Alexander Erdland die Anpassung an den Klimawandel für das Gebot der Stunde hält.

Niedersachsens Umweltministerium, das gerade die Hochwassergebiete in Goslar und Hildesheim im Blick hatte, sieht aufgrund aktueller Analysen zu Extremwetter- und Hochwasserereignissen für die jüngere Vergangenheit keinen einheitlichen Trend. „Regional zeichnen sich aber - vor allem in den Sommermonaten - zunehmende Tendenzen ab, die sich in den Projektionen der Klimamodelle für die Zukunft fortsetzen“, sagte eine Sprecherin. Für eine sichere Beurteilung der Einflüsse des Klimawandels müssten diese Entwicklungen aber über längere Zeiträume von mindestens 30 Jahren beobachtet werden.

Bundesweit gab es im Vorjahr nach Angaben der Versicherungswirtschaft weniger Schäden durch Naturgefahren als in durchschnittlichen Jahren. Den 2 Milliarden Euro Schäden im Vorjahr steht seit dem Jahr 2000 im Schnitt eine Schadenssumme von 2,4 Milliarden Euro gegenüber. 2015 lag der Betrag mit 1,9 Milliarden Euro sogar noch niedriger. Die Branche - in der etwa 130 Anbieter von Wohngebäudeversicherungen vertreten sind - geht von einer vorhergesagten Zunahme von Stürmen und punktuell auftretendem Hochwasser in immer kürzeren Abständen aus.

Dauerte es zwischen den beiden Katastrophenjahren 1990 (bundesweite Schadenssumme durch Naturereignisse: 8,2 Milliarden Euro) und 2002 (6,7 Mrd) noch zwölf Jahre, so wurden die Abstände von ungewöhnlich teueren Schadensjahren in der Folge immer kürzer. Jahre mit überdurchschnittlichen Schadenssummen folgten in 2007 (4,6 Mrd) und 2013 (5,8 Mrd Euro), als Deutschland wegen zwei Orkanen heftig mit Wasser und Wind, aber auch Hagel zu kämpfen hatte.

Katastrophen häufig regional stark begrenzt

Was zudem neu ist: Es gibt heute regional stark begrenzt sehr viel mehr Katastrophen in nur sehr kurzer Zeit - vor allem wegen heftigen Starkregens. Wegen nicht abziehender Tiefdruckgebiete mit heftigsten Regenfällen werden dabei heute auch zunehmend Regionen überschwemmt, die eigentlich kein Hochwasser kennen. Jarosch: „Innerhalb von zwei, drei Wochen hatten wir so Schäden, die die Hälfte der jährlichen Schadenssumme ausmachten.“ Die Versicherer, die für das Wetterphänomen auch die zunehmende Bebauung der Landschaft verantwortlich machen, begrüßen Investitionen in den Hochwasserschutz und geben auch selber praktische Tipps, um die Schäden schon im Vorfeld zu begrenzen.

Die vergangenen Unwetterereignisse haben die Menschen offenbar bleibend beeindruckt. „Wir beobachten seit einiger Zeit bei unseren Versicherungsnehmern ein wachsendes Interesse an Elementarschadenversicherungen und auch höhere Abschlusszahlen“, sagt der Leiter der Abteilung Haftpflicht-Unfall-Sachschaden beim HDI in Hannover, Frank Manekeller. Er glaubt: „Dieser Trend hängt sicherlich auch mit den sich häufenden Unwettern mit Starkregen, Hagel und Überschwemmungen zusammen.“

Immerhin: Hatten sich 2002 gerade mal 19 Prozent der Hausbesitzer in Deutschland über eine solche Versicherung entsprechend gegen Hochwasserschäden abgesichert, so sind es nach GDV-Angaben nun schon 40 Prozent. Manekeller: „Insofern meinen wir als Versicherer, dass das Risikobewusstsein bei den Kunden nach und nach zunimmt.“ Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass mehr als zwei Drittel noch immer glauben, dass Überschwemmungen für sie kein Thema sind.