Urban Priol hat im Theaterhaus das Jahr 2016 kabarettistisch Revue passieren lassen. Und passiert ist ja auch viel.

Stuttgart - „Deshalb fangen wir schon um 19 Uhr an“, erklärt Urban Priol, nachdem er mal eben kurz aufgelistet hat, was 2016 so passiert ist. Eine der Passionen des sturmfrisierten Aschaffenburgers mit Merkelaversion ist das Resümieren der Geschehnisse fallender Kalender. Sein Jahresrückblick „TILT!“ gehört für die Fans zum Dezember wie Weihnachten und Silvester. Im Theaterhaus ließ er am Sonntag Revue passieren, was Republik und Globus alles durchmachen mussten.

 

Mitgebracht hat er lediglich ein Pult. Und Weizenbier. Zur nötigen Stärkung. Denn 2016 war ein Jahr so chaotisch wie die psychedelischen Muster auf Priols Hemd. Eines tristen Sonntags wählte man etwa in den drei Bindestrich-Bundesländern: Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg. Eine Vereinigung, so erinnert der Kabarettist, hatte damals nicht einmal ein Parteiprogramm: „Alle Wähler der AfD hatten bei den drei großen Landtagswahlen ein Blind-Date mit ihrer Partei.“ Hierzubundeslande unterlag die CDU den Grünen, was nicht zuletzt an einer Personalie lag: „Guido Wolf – schon optisch der geborene Juniorpartner.“

Ob Beckenbauers gutbezahltes Europameisterschaftsehrenamt oder Donald Trump versus Hillary Clinton, die „Matratze der Wall Street“: Fast drei Stunden lang zerrupft der umherstromernde Priol alles, was irgendwie glaubte, mit Machtanspruch in die Öffentlichkeit drängen zu müssen. Durchweg politisch, nie platt. Das Wirken der ja partiell in Ungnade gefallenen Kanzlerin, seine persönliche Nemesis, analysiert er vortrefflich: „Geteert und gefedert“, so formuliert er spöttisch, gehöre sie für das jahrelange Vergessen des Sozialwesens, fürs plumpe Aussitzen sämtlicher Kritik, fürs „Katzbuckeln vor der Wirtschaft“ – nicht jedoch für den „einen lichten Moment, in dem sie einmal Herz gezeigt, wo auch immer sie sich das geborgt hat.“ Bezeichnenderweise will indes ein beachtlicher Teil des Landes ihr gerade daraus, aus ihrem Plädoyer für Menschlichkeit in der Flüchtlingsfrage, einen Strick drehen. Wo so vieles schiefläuft, kann man sich – dank Urban Priol – nur noch schieflachen.