Der Großausfall im Stadtbahnnetz, der Tausende Fahrgäste den ganzen Dienstag über ärgerte, dürfte wohl durch leichte Schäden an der Oberleitung ausgelöst worden sein. Sechs gelbe Züge mussten aus dem Verkehr gezogen werden. Lag das alles an der großen Hitze?

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Wenn die Funken fliegen und der Stromabnehmer kratzt, herrscht Alarm bei der Stadtbahn. Derzeit achten die Stadtbahnfahrer jedenfalls nicht nur auf die Fahrstrecke und das Fahrgastaufkommen – sondern auch auf die Kollegen auf dem Gegengleis: Funkt es verdächtig droben am Stromabnehmer? Am Dienstag hatte nach einem Fahrleitungsschaden im Tunnel zwischen Hauptbahnhof und Stadtbibliothek den ganzen Tag über Chaos im Stadtbahnnetz geherrscht.

 

Ein Tag danach ist der Ärger vieler Fahrgäste noch nicht verraucht, die Ursachenforschung aber auch noch nicht abgeschlossen. Denn am Dienstagabend war es erneut auf den fünf Linien U 5, U 6, U 7,  U 12 und U 15 zu einem Verkehrsinfarkt gekommen. Zwischen den Haltestellen Pragsattel und Charlottenplatz ging nichts mehr – weil die Oberleitung erneut überprüft werden musste. „An fünf weiteren Bahnen hatte es Schäden an den Stromabnehmern gegeben“, sagt Birte Schaper, Sprecherin der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB).

Stadtbahnfahrer achten auf ihre Kollegen

Waren die Schäden eine Folge der Havarie am Mittag? Eine Stadtbahn der Linie U 6 nach Gerlingen war gegen 11.50 Uhr im Tunnel zwischen Hauptbahnhof und Stadtbibliothek stecken geblieben, nachdem sich der Fahrdraht und der Stromabnehmer des Zuges mit einem Knalleffekt vom Betrieb verabschiedet hatten. Nach dem Zwischenfall musste die Feuerwehr mehr als 100 Fahrgäste wieder ans Tageslicht holen. Erst um 15.36 Uhr war die Strecke geräumt, die Oberleitung repariert und die Strecke wieder frei. Bis dann wieder die Funken sprühten. Wie die Schäden an fünf weiteren Zügen festgestellt wurden, konnte Sprecherin Schaper nicht beantworten.

Fachleute wissen freilich, dass Stadtbahnfahrer auf verdächtige Symptome bei den Zügen ihrer Kollegen achten und die Leitstelle informieren. Die Kohleschleifleiste am Stromabnehmer ist ein Verschleißteil – und wenn statt der Kohle das blanke Aluminium auf den Kupferdraht mit 750 Volt trifft, dann fliegen die Funken und die Fahrt verläuft weniger glatt. Auch wenn die Ursache der jüngsten Vorfälle nicht endgültig geklärt sind, spricht nach Expertenmeinung doch vieles dafür, dass wohl kleinere Schadstellen an der Oberleitung die Stromabnehmer verhaken ließen. Allerdings: „Bei den Überprüfungen wurden keine weiteren Schäden festgestellt“, sagt SSB-Sprecherin Schaper.

SSB hatte 2003 große Probleme mit der Hitze

Die aktuelle Hitzewelle gilt in Expertenkreisen als wenig wahrscheinliche Ursache. Im Juli 2003 hatte es große Hitzeprobleme gegeben – mit einer Serie von Ausfällen bei den Stadtbahnzügen. Schuld waren damals die sogenannten Bordnetzumformer, die aus 750 Volt Gleichstrom 300 Volt Drehstrom machen – und mit Hitzestaus nicht zurechtkamen. Die Aggregate mussten in den folgenden Jahren ausgetauscht werden. Seither nahmen die gelben Züge nur noch selten hitzefrei. Die Ermittlungen dauern an.