Der Asylantrag des ehemaligen US-Soldaten André Shepherd hat in Deutschland kaum Aussicht auf Erfolg. Der Europäische Gerichtshof hat die Hürden für den Mann, der nicht in den Irak-Einsatz wollte, enorm in die Höhe geschraubt.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Luxemburg - Luxemburg - Die Erwartungen waren groß beim ehemaligen US-Soldaten André Shepherd. Nun ist die Enttäuschung um so größer. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat am Donnerstag entschieden, dass der ehemaliger Soldat zwar die Möglichkeit hat, wie von ihm gewünscht in Deutschland Asyl zu erhalten. Allerdings hat das Gericht die Hürden dafür so hoch gesetzt, dass sie Shepherd wohl kaum überspringen kann. Als vor wenigen Monaten die Generalanwältin am EuGH ihre Stellungnahme abgegeben hatte, sah es danach aus, als könne Shepherd der erste US-Soldat werden, der in Deutschland Asyl bekommt. Doch die Richter sind der Gutachterin nun in einigen zentralen Punkten nicht gefolgt.

 

Nun muss sich das bayerische Verwaltungsgericht mit dem Asylantrag befassen, den der ehemals in Deutschland stationierte Soldat bereits im August 2008 gestellt hatte. Die Münchner Richter müssen dabei die Frage entscheiden, ob die US-Armee im Irak Kriegsverbrechen begangen hat. Das wäre zwingend für einen Erfolg des Antrags. Den bayerischen Juristen steht es bei ihrer Prüfung des Sachverhaltes frei, zu diesem Ergebnis zu kommen. Allerdings halten die Kollegen aus Luxemburg in ihrem Urteil ein ganzes Bündel an Empfehlungen bereit, die dies unwahrscheinlich machen. So sei zu berücksichtigen, dass der UN-Sicherheitsrat seinerzeit dem Verbleib der US-Truppen im Irak zugestimmt habe. Zudem sei es unwahrscheinlich, dass ein US-Soldat zu Kriegsverbrechen veranlasst werde, da die USA diese sanktionierten und die US-Justiz dies wirksam umsetze.

Auch Mechaniker können Kriegsverbrechen begehen

Das bayerische Verwaltungsgericht hatte sich an den EuGH gewandt weil sich der heute 37-jährige Shepherd vorwiegend auf das Asylrecht der Europäischen Union beruft. In München hatte er gegen die Ablehnung als Asylbewerber durch das zuständige Bundesamt geklagt. Unter anderem wollten die Münchner Verwaltungsrichter von den Luxemburger Kollegen wissen, ob sich der Soldat, der bei seinem ersten Einsatz im Irak in den Jahren 2004 und 2005 als Hubschraubermechaniker tätig war, überhaupt auf die europäische Flüchtlingsrichtlinie berufen könne.

Ja, dies sei möglich, erklärte der EuGH. Eine unmittelbare Teilnahme an Kampfhandlungen sei keine zwingende Voraussetzung dafür, Kriegsverbrechen zu begehen. Es reiche ebenfalls aus, wenn die Kriegsverbrechen nicht schon begangen wurden, es aber eine „hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit“ gebe, dass es zu ihnen kommt, um sich auf den Schutz der Flüchtlingsrichtlinie zu berufen.

Kriegsdienstverweigerung steht vor Asyl

Die Münchner Richter müssen sich nun bei der Prüfung des Sachverhaltes nicht nur mit der Frage möglicher Kriegsverbrechen auseinandersetzen, sondern zudem prüfen, ob der amerikanische Soldat Alternativen gehabt haben könnte. Auch da hat der EuGH entscheidende Hinweise gegeben, was bei dieser Prüfung zu beachten sei. Asyl sei demnach nur dann gerechtfertigt, wenn die Verweigerung des Militärdienstes das einzige Mittel für Shepherd gewesen sei, potenziellen Kriegsverbrechen zu entgehen. Daher sei von den Verwaltungsrichtern intensiv zu untersuchen, ob der Soldat nicht auch den Kriegsdienst hätte verweigern können, fordern die Europarichter.

André Shepherd hatte während des Verfahrens dargelegt, dass ihm diese Möglichkeit nicht gegeben sei. Zum einen lehne er Kriegsdienst nicht generell ab, sondern nur den speziellen Fall des Irakeinsatzes. Auf diese Differenzierung gehe das US-Recht nicht ausreichend ein. Zum anderen drohe ihm seitens der US-Justiz nicht nur die unehrenhafte Entlassung aus der Armee sondern auch eine Freiheitsstrafe.

Dass dies so sei stellten die Luxemburger Richter nicht in Frage. Sie sehen eine mögliche Freiheitsstrafe für Shepherd zwischen 100 Tagen und 15 Monaten sogar als wahrscheinlich an. Und sie sagen klar, dass solch eine Strafe nicht geeignet sei, um einen Antrag auf Asyl zu stellen. Um die eigenen Streitkräfte zu schützen sei solch ein Vorgehen der USA legitimes Recht.