Noch bevor am 12. Oktober 2013 die Neonazis ihren Aufmarsch durch Göppingen begannen, hatte die Polizei schon 500 Gegendemonstranten eingekesselt. Das sei rechtens gewesen, hat das Verwaltungsgericht jetzt entschieden. Polizeichef Feigl (vorne) hat alles richtig gemacht, die unterlegenen Kläger sind enttäuscht.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen/Stuttgart - Die Einkesselung von 500 Gegnern eines Neonaziaufmarschs in Göppingen im Oktober 2013 ist rechtmäßig gewesen. Das Verwaltungsgericht in Stuttgart hat die Klagen von fünf Demonstranten abgelehnt, die nach der Einkesselung sieben Stunden im Polizeigewahrsam hatten ausharren müssen.

 

Aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung teilte die Kammer die damalige Einschätzung der Polizei, dass sich die Kläger einer nicht friedlichen und daher nicht vom Grundgesetz geschützten Veranstaltung angeschlossen hätten, heißt es in der am Freitag veröffentlichten Kurzversion des Urteils. Die Polizei sei daher berechtigt gewesen, die Kläger in Gewahrsam zu nehmen und so lange festzuhalten, bis die Gefahr eines Zusammentreffens mit den rechtsextremistischen Demonstranten beseitigt gewesen sei. Dass sich die Kläger selbst nicht an den gewalttätigen Aktionen der Antifa beteiligt hätten, sei in diesem Zusammenhang unerheblich.

Polizei legt Videos vor

Immer wieder hatte sich die Antifa an jenem 12. Oktober 2013 Scharmützel mit der Polizei geliefert. Auch der Einkesselung am Alten Kasten sei der Versuch eines gewaltsamen Durchbruchs durch die Polizeiabsperrungen vorausgegangen, hatte der damalige Einsatzleiter Martin Feigl vor Gericht erklärt und zahlreiche Videosequenzen vorgespielt. Bezüglich der Situation am Alten Kasten waren die Aufnahmen jedoch keineswegs eindeutig.

Sie hätten von den angeblich gewaltsamen Auseinandersetzungen überhaupt nichts mitbekommen, hatte eine 52-jährige Klägerin aus Ulm erklärt. Sie habe zunächst vor dem Rathaus an der offiziellen Kundgebung des Bündnisses Kreis Göppingen nazifrei teilgenommen und sich dann spontan dem Demonstrationszug der Antifa angeschlossen. Dass er nicht angemeldet gewesen sei, sei für sie nicht ersichtlich gewesen. Tatsächlich hatte die Antifa ihre zunächst am Bahnhof angemeldete Veranstaltung kurzfristig abgesagt und eine weitere Kundgebung offiziell abgebrochen. Möglicherweise sollte mit diesem Schachzug den Anmeldern eine juristische Haftung für das weitere Geschehen erspart bleiben.

Die Kläger sind tief enttäuscht

Eine Berufung gegen das Urteil wurde vom Gericht nicht zugelassen. Allerdings kann dies beim Mannheimer Verwaltungsgerichtshof (VGH) beantragt werden. Diesen Weg dürften die Kläger wohl einschlagen. Sie seien von dem Urteil tief enttäuscht, sagte ihr Anwalt. „Das ist ein Tiefschlag für uns und die Meinungsfreiheit“, kommentierte die 52-Jährige. „Es ist für uns nicht nachvollziehbar, wieso man 500 friedliche Demonstranten einkesselt, statt einfach die Gewalttäter festzuhalten.“ (Az.: 1 K 4014/13, 1 K 4430/13 und 1 K 4431/13)