Günter H. muss lebenslang ins Gefängnis. Die Richter der 1. Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts haben ihn wegen Totschlags und wegen Mordes verurteilt.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Ich bleibe dabei: Ich habe niemanden umgebracht“ – auf dieser Version hat der Angeklagte bis zum Ende des Kofferleichenprozesses am Landgericht beharrt. Doch die Richter der 1. Schwurgerichtskammer sind zu einem anderen Schluss gekommen: Sie verurteilten den 48 Jahre alten Arbeitslosen wegen Mordes und Totschlags zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe. Bei den Taten erkennen sie eine besondere Schwere der Schuld. Damit muss der Mann damit rechnen, ungefähr 20 Jahre hinter Gittern zu sitzen.

 

Laut der Richter hat Günter H. Ende Mai 2014 in seiner Wohnung in Gablenberg bei einem Trinkgelage zunächst seine Bekannte Sylvia C. (47) erstochen und danach Peter G. (50) erschlagen. Beide Opfer kannte der Mann von der Trinkerszene am Ostendplatz. Demnach habe die Frau in der Nacht zum 30. Mai sexuelle Avancen von Günter H. abgelehnt – wohl auch wegen einer anzüglichen Körperbewegung, die H. zuvor gemacht hatte. Bekannt ist, dass der Mann mit Sylvia C. kurz vor den Taten essen gewesen ist. Der Wirt und die Bedienung beschrieben eine ausgelassene Stimmung zwischen Günter H. und Sylvia C. Beim Verlassen des Lokals habe der Mann durch seine beiden angewinkelten Arme und das gleichzeitige Vorschieben seiner Hüfte angezeigt, dass er mit Sylvia C. nun noch Sex haben werde.

Frustriert über die Zurückweisung durch Sylvia C.

Zurück in der Wohnung habe die Frau den 48-Jährigen aber zurückgewiesen, so die Vorsitzende Richterin Regina Rieker-Müller. Frustriert darüber sei der Mann, der wegen Gewaltdelikten vorbestraft ist, so sehr in Rage geraten, dass er Sylvia C. ein Küchenmesser in den Hals gerammt habe. „Bei der Tat wollten Sie die Frau nicht umbringen, es lag aber ein bedingter Tötungsvorsatz vor“, sagte die Richterin. Es sei dem Täter nach der Attacke egal gewesen, ob die Frau überlebt oder stirbt.

Nach dem Totschlag habe Günther H. an Peter G. einen heimtückischen Mord zur Verdeckung einer Straftat begangen, so Richterin. Der Mann habe dem Schlafenden mit einem mehr als zehn Kilogramm schweren Feuerlöscher mit mindestens zwei Schlägen den Kopf zertrümmert. „Dabei war das Opfer arg- und wehrlos“, sagte die Richterin. Günter H. habe den Mann getötet, weil er einen Zeugen aus dem Weg habe schaffen wollen. Danach habe Günter H. die Leichname entkleidet und ihnen zahlreiche Schnitte und Stiche zugefügt. Beim Einpacken in die Koffer habe er dem Mann zudem eine Geburtstagsgrußkarte der Frau beigelegt. Anschließend habe Günther H. penibel versucht, die Spuren der Gewalttaten zu entfernen. Schließlich habe er die Toten in zwei Koffer gepackt und die Gepäckstücke nachts mit dem Rad samt Anhänger in zwei Touren in den Mittleren Schlossgarten gebracht, so die Richterin. Zeugen entdeckten die Koffer wenige Tage danach zufällig. Zwei Wochen später wurde Günter H. gefasst. DNA-Treffer hatten die Ermittler auf die Spur des Mannes gebracht.

Angeklagter nimmt Urteil kopfschüttelnd zur Kenntnis

Günter H. hat das Urteil fast reglos hingenommen. Zuvor hatte er – wie an allen 14 Prozesstagen – den Gerichtssaal unter einer Jeansjacke über den Kopf verborgen betreten, weil er von den Zuhörern nicht fotografiert werden wollte. Immer wieder schüttelte er bei der Urteilsbegründung den Kopf. Der Mann blieb bis zuletzt bei seiner Verschwörungstheorie. Bereits bei seiner Festnahme hatte er behauptet, dass die Frau den Mann aus Hass erdrosselt und erschlagen habe. Danach habe sie sich selbst erdrosselt. Die Ermittler hätten den Getöteten die vielen Schnitte und Stiche zugefügt, um Günther H. den Tod der Opfer in die Schuhe zu schieben, weil der Fall sonst nicht hätte gelöst werden können.

Die Richterin betonte in der Urteilsbegründung, dass an den Leichnamen keine Strangulierungsmerkmale festgestellt worden seien. Allein wegen ihrer desolaten körperlichen Verfassung sei die zierliche Frau, die schwer alkoholabhängig war, nicht in der Lage gewesen, den Mann mit einem so schweren Feuerlöscher zu erschlagen. „Zudem fehlt ein Motiv für eine solche Tat“, so die Richterin. Zwar habe es in der Beziehung mit Peter G. immer wieder Streit gegeben, dabei sei die Frau aber nie handgreiflich geworden.

Verteidiger erwägt, das Urteil anzufechten

Stefan Holoch, der Verteidiger von Günter H., hatte in dem Prozess darauf plädiert, seinen Mandanten nur wegen Totschlags an Sylvia C. zu sieben Jahren Haft zu verurteilen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Frau ihren Ex-Partner Peter G. getötet habe, so der Anwalt. Danach sei ein Streit zwischen der Frau und seinem Mandanten eskaliert, und der Mann habe Sylvia C. im Suff erstochen. Der Verteidiger kündigte daher nach dem Urteil an, eine Revision des Falls zu beantragen.