Der Freispruch im Porsche-Prozess klingt fast so, als würden die Ankläger wegen Verfolgung Unschuldiger verurteilt. Doch Hohn und Spott über die Staatsanwaltschaft auszuschütten ist zu billig, kommentiert StZ-Autor Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die gängigen Begriffe sind deutlich zu schwach. Ohrfeige, Abfuhr, Klatsche – damit ist die Niederlage der Staatsanwaltschaft im Porsche-Prozess nur unzureichend beschrieben. Das Urteil des Landgerichts zugunsten der Ex-Manager Wiedeking und Härter war vielmehr eine „juristische Hinrichtung“ der Ankläger, wie einer der Verteidiger treffend bemerkte. Der Vorsitzende Richter zerpflückte ihre Anklage – und damit das Ergebnis siebenjähriger Ermittlungsarbeit – nicht nur inhaltlich, er verhöhnte sie geradezu persönlich. Sein Freispruch für die einstigen Porsche-Granden klang fast so, als würde er die Staatsanwaltschaft wegen der Verfolgung Unschuldiger verurteilen.

 

So wohltuend sachlich der Richter die Verhandlung über Monate hinweg geführt hat, so unangenehm ist die Tonlage seines Urteils. Gewiss, die Staatsanwälte haben den Spott zuletzt geradezu herausgefordert. Obwohl jeder sehen konnte, wie ihre Anklage immer mehr zerbröselte, blieben sie stur auf Kurs und versuchten mit immer neuen, teils abenteuerlichen Volten zu retten, was nicht mehr zu retten war. Souveräner wäre es gewesen, sie hätten im Licht der Beweisaufnahme von sich aus den Rückzug angetreten. Auch ihre Tonlage war zudem zum Teil unangemessen flapsig, zumal gemessen an der Belastung, die Wiedeking und Härter während des jahrelangen Verfahrens auszuhalten hatten.

Mehr Augenmaß wäre wünschenswert

Es ist indes zu billig, jetzt Hohn und Spott über die Staatsanwaltschaft oder gar ihre Prozessvertreter auszuschütten. Die Ergebnisse ihrer Ermittlungen galten einst immerhin als so substanziell, dass die Anklage – wenn auch mit einigen Wirren – vom Gericht zugelassen wurde; was in der Hauptverhandlung herauskommt, steht auf einem anderen Blatt. Zudem führten die beiden Ankläger – und der als treibende Kraft geltende frühere Chef der Wirtschaftsabteilung – keinen Privatkrieg gegen die Porsche-Manager, sondern agierten im Auftrag einer zur Objektivität verpflichteten Behörde, für die wiederum das Justizministerium verantwortlich ist. Beide dürfen sich von dem Urteil mithin ebenfalls angesprochen fühlen. Gut wäre, wenn es dazu führt, dass bei Verfahren gegen Wirtschaftsgrößen fortan etwas mehr Augenmaß waltet. Schlecht wäre hingegen, wenn sich die Ermittler nicht mehr an Manager und Unternehmer herantrauen würden. Dann aber sollten sie mehr in der Hand haben als im Porsche-Prozess.