Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil zu Diesel-Fahrverboten aus Stuttgart bestätigt. Es fordert vom Land aber, bei der Umsetzung die Verhältnismäßigkeit zu wahren.

Stuttgart - Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Dienstag die Fahrverbotsurteile der ersten Instanz aus Stuttgart und Düsseldorf im Revisionsverfahren bestätigt. Städte können damit in Umweltzonen in eigener Regie Fahrverbote gegen Autos mit einer Grünen Plakette verhängen, wenn die Stickstoffdioxid-Grenzwerte nicht mit anderen Maßnahmen eingehalten werden können. Betroffen vom Fahrverbot sind vor allem Diesel.

 

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Der 7. Senat fordert in seinem Urteil das Land dazu auf, im neuen Luftreinhalteplan für Stuttgart die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Dies bedeutet, dass Besitzer eines Euro-5-Diesel mit einer Stufenlösung zunächst geschont werden sollen. Die jüngsten Fahrzeuge mit dieser Emissionsklasse sind erst zweieinhalb Jahre alt und haben noch einen hohen Zeitwert. Ihre Halter könnten bei einem rasch verfügten Fahrverbot das Land auf Entschädigung verklagen. In Stuttgart sind rund 30 400 Euro-5-Diesel zugelassen, in der Region rechnerisch weitere 82 000. Das Gericht urteilte, Euro-5-Fahrzeuge dürften „nicht vor dem 1. September 2019 mit Verkehrsverboten belegt werden“

Übergangsfristen werden geklärt

Ursprünglich ausgelöst hatte beide Verfahren die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Im September 2017 setzte sie sich vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart in praktisch allen Punkten durch. Das Gericht hatte geurteilt, dass die Grenzwerte schnellstmöglich einzuhalten und dazu auch Fahrverbote für Diesel Euro 5 und schlechter sowie Benziner mit Euro 1 und 2 nötig seien, und zwar nicht nur wie in Düsseldorf auf einzelnen Straßen, sondern im kompletten Stadtgebiet. Das Land könne dieses Fahrverbot mit eigenen Schildern regeln. Die Beschilderung entspreche laut Gericht in Stuttgart den Abgrenzungen, die mit einer Blauen Plakette bundesweit gelten würden. Diese neue Plakette wird von der möglichen Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD im Bund verweigert, sie steht nicht im Koalitionsvertrag.

Ein Sprecher des von Winfried Hermann (Grüne) geführten Landes-Verkehrsministeriums erklärte vor dem Urteil gegenüber unserer Zeitung, man habe „die besondere Bedeutung der Verhältnismäßigkeit wahrgenommen“. Für konkrete Zeitpläne für den Ausschluss von Dieselfahrzeugen bis einschließlich Euro 4 und dann Euro 5 sei es noch zu früh. Im überarbeiteten Luftreinhalteplan „werden sich mögliche Übergangsfristen klären“, so der Sprecher. Das für die Aufstellung der Luftreinhaltepläne zuständige Regierungspräsidium lehnte jede Stellungnahme ab. Regierungspräsident Wolfgang Reimer hatte das Fahrverbot in der Verhandlung vergangene Woche als „nicht kontrollierbar“ abgelehnt.

DUH sieht weitere Verfahren als erledigt an

Der Stuttgarter Anwalt Roland Kugler, der in einem anderen Verfahren per Vergleich mit dem Land eine 20-prozentige Verkehrsminderung am Neckartor bei Feinstaubalarm erreichte, erwartet kein schnelles Fahrverbot. Bei der Luftreinhaltung in Stuttgart sei die Regierung „seit 14 Jahren in Verzug“, so Kugler. Nun müssten für Euro-5-Halter „großzügige Übergangslösungen“ geschaffen werden. „Ich sehe 2019 noch keinen ausgesperrt“, so Kugler. Würde man Fristen und Autoalter für die Einführung der Grünen Plakette auf das jetzige Fahrverbot übertragen, würde es für Euro-5-Diesel im September 2021 greifen. Die Landesregierung hatte im Entwurf zum Luftreinhalteplan 2020 vorgesehen und muss nun die Spanne 2019 bis 2021 bewerten.

Mit dem Leipziger Spruch könnten sich laut DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch Verfahren in 19 weiteren Städten erledigen. Die Gerichte dort hätten nach dem Grundsatzurteil „nichts mehr zu klären“.