Die Landkreise möchten mögliche Fahrverbote vermeiden. Sie legen der grün-schwarzen Landesregierung nahe, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zugunsten von Fahrverboten vorzugehen.

Stuttgart - Der Landkreistag ruft die grün-schwarze Regierung auf, gegen das Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts zugunsten von Fahrverboten vorzugehen. Das Land solle in Berufung gehen, denn das sei der bessere Weg als die sogenannte Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht, sagte der Verbands-Hauptgeschäftsführer Alexis von Komorowski der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

 

Bei einer Berufung werden im Unterschied zur Sprungrevision Inhalte überprüft - und nicht nur Rechtsfragen. Die nach dem Diesel-Gipfel von den Autobauern angekündigten Software-Updates zur Stickstoffreduzierung seien etwa eine neue Tatsache, die in einer zweiten Instanz berücksichtigt werden müsse, betonte der Jurist.

Gesundheitsschutz sei höher zu bewerten als die Interessen der Dieselfahrer

Laut dem Urteil des Verwaltungsgerichts von Ende Juli sind nur Fahrverbote für Diesel ein wirksames Mittel, die Luftbelastung in Stuttgart mit giftigem Stickstoffdioxid schnellstmöglich zu reduzieren. Gesundheitsschutz sei höher zu bewerten als die Interessen der Dieselfahrer. Der Landkreistag warnte auch davor, die klimaschädlichen Effekte des Kohlendioxids aus den Benzinern zu ignorieren.

Das Land hat sich noch nicht festgelegt und will seine Entscheidung über mögliche Rechtsmittel erst treffen, wenn Urteil und Begründung schriftlich vorliegen. In der grün-schwarzen Koalition plädieren die Grünen eher für eine Sprungrevision. CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart setzt hingegen auf eine Berufung.

Eindrücke vom Tag der Urteilsverkündung Ende Juli und eine Einschätzung zu dem Urteil sehen Sie im Video:

Von Komorowski betonte: „Fahrverbote sollten unbedingt vermieden werden.“ Sie kämen einer Teilenteignung der Besitzer von Diesel-Autos gleich. „Das ist schwer vermittelbar.“ Außerdem hingen am Dieselmotor Zehntausende Arbeitsplätze. Das Land müsse seine Chance nutzen und vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim Berufung einlegen. „Fahrverbote gefährden die Technologieoffenheit.“ Elektroautos seien per se nicht umweltfreundlicher, solange der von ihnen genutzte Strom aus fossilen Energiequellen stamme. Zudem sei die Nachhaltigkeit der Batterien und deren Entsorgung noch nicht vollständig geklärt.

Landräte insbesondere aus den Kreisen um die Landeshauptstadt Stuttgart befürchten Verkehrsverlagerungen und mehr Staus infolge möglicher Fahrverbote. Dies könnte Kommunen zu Gegenmaßnahmen zwingen. „Wenn die Politik des Landes tatsächlich dazu führt, dass bei den Landkreisen Mehrkosten entstehen, müssten wir Kostenausgleich geltend machen“, sagte er.