Auch wer am Telefon einer Änderung seines Internet- oder Telefonvertrags zustimmt, hat laut einem Urteil ein 14-tägiges Rücktrittsrecht.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Koblenz - Es ist ein Fall, der jeden Tag viele tausend Male vorkommt. Eine Kundin kündigt ihren Telefon- und Internetvertrag, weil sie zu einem anderen Unternehmen wechseln will. Darauf bekommt sie noch vor Ablauf des Vertrags einen Anruf vom bisherigen Anbieter. Die Mitarbeiterin bietet ihr einen neuen Vertrag mit besseren Leistungen, anderem Preis und erneuter Laufzeit von 24 Monaten an. Die Kundin lässt sich überreden, willigt ein – und bereut ihre Entscheidung schon wenig später.

 

Im konkreten Fall wollte eine Verbraucherin darauf ihren neuen Vertrag mit der 1&1 Internet AG widerrufen. Das Unternehmen lehnte das ab. Begründung: das gesetzliche Widerrufsrecht gelte nur für Neuabschlüsse, nicht für Inhaltsänderungen im Rahmen eines bestehenden Vertrages. Das wollte die Kundin nicht akzeptieren und beschwerte sich bei der Verbraucherzentrale. Der Bundesverband Verbraucherzentrale (Vzbv) reichte darauf eine Musterklage ein, um Rechtsklarheit zu schaffen.

Keine Revision zugelassen

Mit Erfolg: das Widerrufrecht gilt auch dann, wenn ein Verbraucher am Telefon wesentliche Inhalte eines Vertrages ändert, hat das Oberlandesgericht Koblenz in zweiter Instanz entschieden (OLG Koblenz vom 28. 03. 2012, 9 U 1166/11). Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Gericht erklärte die Verweigerung des Widerrufsrechts für unzulässig, da wesentliche Vertragsinhalte berührt seien.

Das Urteil sei wichtig und erfreulich für die Verbraucher, sagte Vzbv-Rechtsreferentin Bianca Skutnik auf Anfrage. Die Verkaufsmasche, dass Kunden am Telefon per Überrumpelungstaktik zur Verlängerung teurer Flatrateverträge verleitet werden, sei ein ziemlich weit verbreitetes Problem. „Das zeigen viele Beschwerden bei Verbraucherzentralen“, so Skutnik. Deshalb sei es wichtig, dass auch in diesem Fall das Widerrufsrecht gelte. Das Unternehmen 1&1 wollte auf Anfrage keine Stellung zu dem Urteil nehmen. Man äußere sich nicht „zu laufenden Verfahren“, teilte ein Unternehmenssprecher mit.

„Der Verbraucher ist in gleichem Umfang in Bezug auf den Abänderungsvertrag wie bei einem Erstvertrag schutzwürdig“, heißt es in dem OLG-Urteil. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um neue „wesentliche Vertragsinhalte gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung“ handle. Dazu können Leistung, Preis oder Laufzeit gehören. Falls sich der Verbraucher jedoch unmittelbar vor dem Telefonat im Rahmen eines persönlichen Kontaktes bei dem Unternehmen über die neuen Vertragsbedingungen informiert habe, gebe es kein Recht auf Widerruf. In diesem Fall, so das OLG, müsse der Kunde nicht mehr vor Übervorteilung geschützt werden.

Unwirksame Klauseln

Verbraucherschützer klagen immer wieder erfolgreich gegen unlautere Verkaufsmethoden der Mobilfunk- und Internetanbieter. So entschied das Landgericht Kiel nach einer Klage des Vzbv gegen den Anbieter Klarmobil, dass Kunden einen Vertrag innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen auch dann noch widerrufen können, wenn sie bereits telefoniert und damit Leistungen in Anspruch genommen haben (LG Kiel vom 25. 03. 2009 / 5 O 208/08). Anderslautende Klauseln in den Geschäftsbedingungen seien unwirksam.

Klarmobil hatte eine in der Branche übliche Klausel benutzt, wonach das Widerrufsrecht vorzeitig erlösche, wenn das Unternehmen „mit ausdrücklicher Zustimmung des Kunden mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat oder der Kunde selbst diese veranlasst hat“. Als Beispiele nannte das Unternehmen die Nutzung der SIM-Karte und einen Antrag auf Mitnahme der Rufnummer. Das Gericht erklärte laut Vzbv außerdem zehn weitere Klauseln in den Geschäftsbedingungen von Klarmobil für unzulässig.