Allen Affären zum Trotz steht die rechte Basis in den USA weiter zu Präsident Donald Trump. Doch die Frage ist: Wie lange noch? Washington-Korrespondent Karl Doemens analysiert Trumps Situation.

Washington - Die Vorstellungen sind ausverkauft, wenn derzeit Abend für Abend im New Yorker Central Park ein klassisches Drama aufgeführt wird. Auf der Freiluftbühne geht es um einen Tyrannen, der mit  Demagogie und Rechtsbrüchen regiert. Im dritten Akt wird er von einer Gruppe republiktreuer Senatoren erdolcht. Am Ende klatschen die 1800 Zuschauer begeistert Beifall. Vorsorglich mahnt Oskar Eustis, der künstlerische Direktor dieser Inszenierung von Shakespeares „Julius Caesar“: „Wer die Demokratie mit undemokratischen Mitteln verteidigen will, wird sie am Ende zerstören.“ Der Titelheld des Stücks sieht Donald Trump verdammt ähnlich.

 

Auch im echten Leben ist zumindest das liberale Amerika angewidert von seinem Präsidenten. Ein Mann, der Presse und Justiz beschimpft, der Politik ohne Moral betreibt und von einem patriotischen Spitzenbeamten offen als Lügner bezeichnet wurde – so eine Figur passt nicht zum Selbstbild der intellektuellen Eliten im vermeintlich demokratischen Musterland. Entsprechend groß ist die Entrüstung über die Schilderungen von Ex-FBI-Chef James Comey, wie der Präsident ihn zur Gefolgschaft und zur Einstellung von Ermittlungen  drängen wollte. Viele Trump-Gegner hoffen, damit endlich einen Hebel für die Amtsenthebung gefunden zu haben.

Bei seinen Anhängern gilt Trump weiter als mutiger Kämpfer

Doch die Reaktionen auf der rechten Seite des politischen Spektrums fallen völlig anders aus. An der weißen Unterschicht-Basis gilt der Immobilienmogul immer noch als mutiger Kämpfer gegen das verhasste Establishment.   So befremdlich dies aus europäischer Sicht klingt: Die Mehrheit der republikanischen Wähler steht weiter hinter Trump, und die aktuellen Affären verstärken die Polarisierung noch. Solange das so ist, scheint ein Amtsenthebungsverfahren wenig realistisch: Die Republikaner, ohne deren Unterstützung  im Kongress keine Mehrheit zustande kommt, werden kaum zustimmen.

Gleichwohl markiert Comeys Aussage eine Zäsur. Die versuchte Justizbehinderung im Fall Comey wird auf der Tagesordnung bleiben. Trump wird zudem in seiner manischen Ich-Fixiertheit die Affäre weiter anheizen – und damit in immer neue Untiefen geraten. Gleichzeitig bewegt er sich immer weiter von den Themen weg, deretwegen er gewählt wurde. An der Basis in Ohio oder Pennsylvania interessieren die Moskau-Connection und die Comey-Affäre wenig. Die Wähler erwarten, dass der Präsident neue Jobs schafft, die Krankenversicherung repariert, die Steuern senkt, die Straßen ausbessert und den Zuzug von Migranten stoppt.

Bei seinen eigenen Themen kommt Trump nicht voran

Doch von seinen populistischen Versprechen hat der Präsident bislang nichts umgesetzt. Dazu mangelt es ihm an Selbstdisziplin und Konzentration. Für seine pompös angekündigte „Infrastrukturwoche“ produzierte er nur eine Überschrift. Sein Einreiseverbot hielt einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Die Steuerreform besteht nur aus ein paar Stichworten. Die Mauer an der Grenze zu Mexiko ist ein Phantom. Und der aberwitzige zweite Anlauf für eine Gesundheitsreform wird von den eigenen Leuten blockiert.

Der ärgste Gegner von Trump heißt Donald Trump. Derzeit produziert er vor allem heiße Luft: Alles ist großartig, alles kommt rasend schnell voran. Tatsächlich lenkt ihn die FBI-Affäre, womöglich auch die am Montag eingereichte Klage wegen Interessenkonflikten mit seinen Unternehmen, noch weiter von seiner Agenda ab. Dabei drängt die Zeit. Die Zwischenwahlen rücken näher. In dieser Lage sind immer weniger Abgeordnete bereit, für einen Kompromiss mit dem unberechenbaren Regierungschef ihre Wiederwahl zu riskieren. So wird der Kontrast zwischen den bombastischen Ankündigungen und der Realität immer bizarrer. Auf Dauer kann sich das auch die Basis nicht schönreden.