Im US-Wahlkampf hat es bei den Vorwahlen im Staat New Hampshire zwei klare Sieger gegeben: Bei den Demokraten ist es Bernie Sanders, bei den Republikanern Donald Trump

Manchester/New Hampshire - Der Trend scheint sich zu verfestigen: Im Wahlkampf um die Nachfolge von Präsident Barack Obama verfallen offenbar viele Anhänger der US-Republikaner dem Populismus. Der Immobilienmilliardär Donald Trump, der sich in den vergangenen Monaten mit radikalen Vorschlägen und lautem Gebrüll an die Spitze des konservativen Bewerberfeldes gebracht hatte, siegte am Montagabend bei der Vorwahl im Bundesstaat New Hampshire. Ähnliches geschah im demokratischen Lager. Dort gewann der selbst ernannte demokratische Sozialist Bernie Sanders mit weitem Abstand vor Ex-Außenministerin Hillary Clinton.

 

Es waren gerade einmal 50 Prozent der Stimmen im tief verschneiten Neuengland-Staat New Hampshire, da stellte sich Donald Trump bereits in Kraftprotz-Manier vor seine Anhänger und ließ sich bejubeln. Neun Monate, nachdem er seine Kandidatur angekündigt hat, scheint der Immobilienmilliardär aus New York auf eine feste Anhängerschaft von etwa einem Drittel der republikanischen Wählerinnen und Wähler vertrauen zu können.

Trump zu Beginn seiner Siegesrede zurückhaltend

Der Rest des republikanischen Bewerberfeldes folgte in New Hampshire mit großem Anstand. Auf den zweiten Platz kam der als gemäßigte geltende Gouverneur von Ohio, John Kasich. Um Platz drei stritt sich Jeb Bush, der Bruder des früheren Präsidenten George W. Bush, mit Marco Rubio, dem jungen Senator aus Florida, und dem erzkonservativen Tea-Party-Liebling Ted Cruz.

Überraschend gab sich Trump in den ersten Momenten seines Siegesrede noch generös und für seine Verhältnisse ungewöhnlich leise. Wortreich dankte er seiner Familie und seinem Wahlkampfteam für deren Einsatz, lief aber relativ wieder zu gewohnter Form auf. „Wir werden Amerika wieder groß machen”, schrie der Geschäftsmann am Dienstagabend in einen Veranstaltungssaal in der Stadt Manchester hinein. „USA, USA, USA”, schrien ihm Hunderte seiner Anhänger zur Antwort entgegen. Wenn er erst Präsident sei, dann „wird uns die Welt wieder respektieren”, sagte Trump.

Inhaltsleere Aussagen dieser Art sind bislang das einzig erkennbare Programm des Mannes, der nach eigenen Aussagen über ein Vermögen von zehn Milliarden US-Dollar verfügt. Doch dieser Stil scheint anzukommen. Trump führt auch in den Umfragen für die nächsten Vorwahlen in South Carolina und Nevada mit deutlichem Abstand vor seinen Mitbewerbern.

Amerikas Wutbürger

Trumps Sieg in New Hampshire machte deutlich, dass sein zweiter Platz bei der Vorwahl in Iowa nur ein kleiner Ausrutscher gewesen sein dürfte. Die Wutbürger Amerikas scheinen den wütenden Mann aus New York in ihr Herz geschlossen zu haben.

Das bringt vor die Kandidaten des sogenannten Partei-Establishments in arge Bedrängnis. Zwar konnte Gouverneur John Kasich den zweiten Platz erringen, aber der Anstand zu Trump war gewaltig. Noch schlimmer traf es Jeb Bush, Bruder des 43. US-Präsidenten und Sohn des 41. Präsidenten. Er kam nach vorläufigen Ergebnissen auf nicht mehr als elf Prozent der abgebenen Stimmen in New Hampshire.

Das könnte möglicherweise ein schnelles Ausscheiden Bushs aus dem Wahlkampf bedeuten, sollten seine Geldgeber das Vertrauen in ihn verlieren und Finanzmittel auf andere Kandidaten umlegen. Das Grundproblem für die Parteiführung wäre damit allerdings nicht gelöst. Die Republikaner sind alarmiert, weil Populisten die Wortführerschaft in der altehrwürdigen “Grand Old Party” übernommen haben und dies nun auch in Wählerstimmen umsetzen können.

Verheerende Niederlage für Clinton

Ähnliche Sorgen treiben die Demokraten um. Der selbst ernannte demokratische Sozialist Bernie Sanders, der im Prinzip aber sozialdemokratische Thesen vertritt, fügte Ex-Außenministerin Hillary am Dienstag in New Hampshire eine verheerende Niederlage zu. Sanders, der seit Jahrzehnten im Politikgeschäft der Hauptstadt Washington eine feste Größe ist, sich aber den Anschein der Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit bewahren konnte, kam auf etwa 60 Prozent der abgegebenen Stimmen. Clinton landete bei etwas mehr als 30 Prozent.

Das Ergebnis war zwar von den Vorwahl-Umfragen gedeckt, wurde jedoch trotzdem als ein schwerer Schlag für Clinton gewertet. Sie hatte zudem vor acht Tagen die Vorwahl in Iowa nur mit einem hauchdünnen Vorsprung vor Sanders gewonnen, Und schließlich war die Frau des früheren Präsidenten Bill Clinton auch schon 2008 im parteiinternen Rennen um die Präsidentschaftskandidatur dem damaligen Jung-Senator Barack Obama unterlegen.

Clintons größtes Problem heiße Clinton, hieß es in US-Medien. Die Kandidatin habe offenbar noch nicht verstanden, dass sie auch von vielen Anhängern der Demokraten als ein integraler Bestandteil des ihnen verhassten Washingtoner Politikbetriebs angesehen werde. Schließlich habe sie einen großen Teil ihres Lebens erst als First Lady, dann als Senatorin und schließlich als Außenministerin in eben diesem Betrieb zugebracht.

Clinton gab sich am Abend kämpferisch und erklärte, am Ende werde sie doch die Kandidatin der Demokraten für die Präsidentschaftswahl. Noch sprechen die Umfragen für sie. In South Carolina und Nevada leben mehr Afro-Amerikaner und Latinos als im überwiegend weißen New Hampshire. Und diese Minderheiten, so glaubt das Wahlkampfteam Clintons, seien ihrer Chefin deutlich mehr zugeneigt als dem weißhaarigen Sanders. Der verspreche zwar kostenlose Hochschulen und wolle die Großbanken an die Kette legen, sage aber nicht, wie er das bezahlen wolle.

Sanders wird sich allerdings so schnell nicht geschlagen geben, und je länger er im Rennen bleibt, desto peinlicher wird es für die haushohe Favoritin Clinton. Am Mittwochmorgen wollte Sanders sich mit dem afro-amerikanischen Bürgerrechtler Al Sharpton zum Frühstück in Harlem treffen. Er wird ihn wohl um Tipps bitten, wie er die Minderheiten auf seine Seite ziehen kann.