In einer turbulenten Sitzung haben sich die Räte am Freitag mehrheitlich für eine Schrumpfkur des Vaihinger Krankenhauses entschieden. Statt der bis dato 60 soll es künftig nur noch sechs bis zehn Betten dort geben.

Vaihingen/Enz - Es war der Höhepunkt einer Debatte, die in den vergangenen Wochen nicht nur die Gemüter in Vaihingen erhitzt hat. Gut drei Stunden lang wurde in der Sitzung des Kreistags am Freitag teils überaus emotional das Für und Wider der verschiedenen Modelle für die Zukunft des Vaihinger Krankenhauses diskutiert. Nach kaum enden wollenden Wortbeiträgen und einer Flut von Anträgen setzte sich schließlich das Modell der Tagesklinik mit 66 Befürwortern, 15 Nein-Stimmen und zehn Enthaltungen durch. Die Umstrukturierung soll dafür sorgen, dass das defizitäre Haus rentabler wird.

 

So soll die Zahl der Betten in der kleinen Klinik künftig von 60 auf sechs bis zehn reduziert werden. Zudem will man die 24-Stunden-Versorgung einstellen, die Patienten werden nur noch tagsüber behandelt. Man geht davon aus, dass in der Tagesklinik vor allem ältere Menschen versorgt werden, bei denen noch unklar ist, ob sie stationär aufgenommen werden müssen oder nicht. Mit dieser ersten Anlaufstelle für eine Diagnose könnten unter anderem auch die anderen Krankenhäuser entlastet werden, so ein Argument der Befürworter, zu denen auch die Kreisverwaltung gehört.

200 Menschen demonstrieren vor dem Landratsamt

Allerdings sind längst nicht alle zufrieden mit dieser Lösung. Vor Beginn der Kreistagssitzung hatten sich rund 200 Demonstranten vor dem Landratsamt eingefunden, um die Erhaltung der Klinik in Vaihingen zu fordern. Ein Bündnis aus Arbeitnehmerorganisationen, kirchlichen Einrichtungen und Parteien hatte die Kundgebung auf Initiative der Linken organisiert. Die zahlreichen Redner forderten, die Klinik in ihrer jetzigen Form beizubehalten als Bekenntnis zur wohnortnahen medizinischen Versorgung. Schließlich dürfe bei der Gesundheit der Blick auf die Wirtschaftlichkeit nicht die höchste Priorität haben, so der Tenor.

Im Kreistag gingen die Meinungen derweil weit auseinander. So waren vor allem die CDU, Teile der Freien Wähler und der Grünen der Meinung, die Idee der Tagesklinik sei es wert, aufgegriffen zu werden – auch wenn der CDU-Fraktionsvorsitzende Manfred Hollenbach bekannte: „Es gibt keine Lösung, die mich voll und ganz überzeugt.“ Die SPD plädierte zunächst für die komplette Schließung des Vaihinger Krankenhauses. Es sei politisch unverantwortlich, den Bürgern vorzugaukeln, das steigende Defizit der Klinik sei kein Problem, sagte der SPD-Rat Thorsten Majer: „Das ist reiner Populismus.“ Eine Schließung impliziere eine klare Ansage an Patienten und Mitarbeiter. Die Einrichtung einer Intensiv-Geriatrie mit 30 Betten, wie sie der Geschäftsführer des angrenzenden Ärztehauses Vaisana, Christoph Schöll, vorgeschlagen hatte, bezeichnete Majer als „Verschiebung des Problems in die Zukunft“.

Zustimmung von Land und Krankenkassen steht noch aus

Gerd Maisch, der stellvertretende Fraktionschef der Freien Wähler und Oberbürgermeister von Vaihingen, hingegen warb – ebenso wie die FDP – eindringlich für das sogenannte Schöll-Modell. Denn das Krankenhaus sei absolut notwendig, auch wenn hier schon lange keine schweren Fälle mehr behandelt werden. Insbesondere im Hinblick auf den demografischen Wandel müsse man dafür sorgen, dass es künftig genügend Betten gebe – die Kliniken in Ludwigsburg und Bietigheim seien jetzt schon heillos überfüllt, betonte Maisch.

Allerdings ist auch mit der Kreistagsentscheidung noch nicht endgültig ein Knopf an der Sache: Neben dem Land müssen auch noch die Krankenkassen dem neuen Konzept zustimmen – ein Ja gilt keinesfalls als sicher. Zudem erwägt die Vaisana GmbH dem Vernehmen nach eine Klage gegen die Beschlussfassung.

Kommentar: Schrumpfkur als Placebo

Vielleicht hätte es andere Möglichkeiten gegeben, um das Vaihinger Krankenhaus zu erhalten. Allerdings hätte man dann wohl eher damit anfangen müssen, auch an diesem Standort auf eine zukunftsträchtige Spezialisierung hinzuarbeiten, wie es in den anderen Häusern der Klinikenholding praktiziert wird. Denn es ist schwer vorstellbar, dass eine Reduzierung der Betten von 60 auf sechs bis zehn in Kombination mit einem Eindampfen des Portfolios auf die Diagnose leichter Erkrankungen bei Senioren die defizitäre Klinik aus den roten Zahlen retten kann. Nicht zuletzt, weil auch für die Einrichtung der Tagesklinik eine Anschubfinanzierung von rund 1,2 Millionen Euro fällig wird und der Abmangel voraussichtlich 600 000 Euro im Jahr beträgt.

Hier deutet einiges darauf hin, dass man sich nicht die Finger an einer Entscheidung verbrennen will, die in der Bevölkerung überaus unpopulär ist. Die Vaihinger sind an die medizinische Infrastruktur gewöhnt, es ist verständlich, dass sie diese nicht aufgeben wollen. Doch Vaihingen ist auch ohne das eigene Krankenhaus durch die nahen Kliniken in Mühlacker und Bietigheim medizinisch gut versorgt, schwere Fälle werden hier ohnehin seit Langem nicht mehr behandelt. Daher wird man den Eindruck nicht los, dass die Schrumpfkur zur Tagesklinik nur ein Placebo ist, um die Kritiker ruhig zu stellen. Das vom Kreis als innovativ gefeierte Konzept klingt eher wie ein Schritt auf dem Weg zur endgültigen Schließung des Standortes. Politischer Mut sieht anders aus.