Der Vaihinger Gemeinderat korrigiert sich selbst: Das alte WEG-Gleis soll eine Trasse für Radfahrer werden. Noch im April war er dagegen.

Vaihingen/Enz - Mit einer satten Mehrheit hat sich der Vaihinger Gemeinderat am Mittwochabend selbst überstimmt. Noch im April hatte das Gremium mit knapper Mehrheit dagegen votiert, baldmöglichst mit dem Umbau des alten WEG-Gleises zu einer Fahrradbahn zu beginnen. Am Mittwoch dann die Kehrtwende: mit 17 zu 6 Stimmen (bei zwei Enthaltungen) sprach sich das Gremium für den schnellstmöglichen Start der Planung für das Herzstück der Trasse aus.

 

Zugeben, dass er seine Meinung geändert hat, wollte freilich einzig August Lachenmann. „Ich gehöre zu denjenigen, die in der Diskussion eine Kehrtwende gemacht haben“, sagte der fraktionslose Stadtrat, „es ist keine Schande, sich guten Argumenten anzuschließen.“

Die Freien Wähler waren in der April-Sitzung noch mehrheitlich gegen das Vorhaben gewesen, stimmten am Mittwoch aber zahlreich dafür. Sie wollen jedoch laut ihrem Fraktionschef Eberhard Zucker von einer Kehrtwende nichts wissen: „Das war nicht der Fall“, sagte Zucker. Vielmehr lägen erst jetzt konkrete Zahlen vor, die belegten, dass die Stadt sich das Projekt leisten könne. Das hatte der Oberbürgermeister Gerd Maisch allerdings schon in der April-Sitzung versichert.

Von den Zuhörern gibt es Applaus

Als ersten Schritt will die Stadt nun konkrete Bauplanungen für das rund 3,5 Kilometer lange Herzstück der Route, vom Bahnhof über die Innenstadt/Stadthalle bis zum Baumarkt am Ortsrand, in Auftrag geben. Parallel sollen Fördermittel für das rund 1,5 Millionen Euro teure Vorhaben beantragt werden. Es ist damit zu rechnen – und das war auch Bedingung des Beschlusses –, dass das Land die Hälfte der Kosten übernimmt. Zusätzlich will man sich um Fördermittel des Verbandes Region Stuttgart bemühen.

Rund 20 Bürger verfolgten die Diskussion, einige von ihnen regten bei der Bürgerfragestunde die Einrichtung eines Spendenkontos an. Ein radbegeisterter Vater aus dem Stadtteil Riet sicherte beispielsweise 1000 Euro aus der Familienkasse zu. Die Zuhörer quittierten den Beschluss der Stadträte denn auch mit freundlichem Applaus.

Insbesondere die SPD blieb ihrer alten Meinung treu und stimmte mehrheitlich gegen das Vorhaben. Insbesondere deshalb, weil man sich schwer tue, die Schienentrasse für alle Zeiten aufzugeben, wie der Fraktionsvorsitzender Eberhard Berg erläuterte. Zudem gebe es viele andere wichtige Radverbindungen, für die die von der Stadt eingestellten 100 000 Euro pro Jahr bei weitem zu wenig seien. Die Fahrradbahn sei „ein reiner Freizeitradweg, für den hier 1,5 Millionen Euro ausgegeben werden“, monierte Berg.

Räder sollen helfen, Zahl der Autos zu reduzieren

„Das ist kein Freizeitweg“, hielt Heike Tapken-Brust (Grüne) dagegen. Die Trasse sei für etliche Schüler künftig ein sicherer Radweg zur Schule, zudem helfe das Vorhaben, „die Zahl der Autos am Bahnhof zu reduzieren“. Auch Peter Schimke (Linke) räumte ein, dass ihm der Gedanke, dass die Gleise nun rausgerissen würden, nicht angenehm sei. „Aber die Schienen jetzt 20, 30 Jahre einfach liegen lassen – das kann man auch nicht machen.“

Offen bleibt vorerst, ob und wann die Fahrradbahn auch in die beiden größten Stadtteile Enzweihingen und Kleinglattbach verlängert wird. Beide Ortschaftsräte haben dem Einstieg in das Vorhaben zugestimmt, wie der Oberbürgermeister Gerd Maisch süffisant berichtete, „und beide haben gesagt: wenn die Bahn verlängert werden soll, dann bitte zu uns“.