Pressetermin auf dem Enztalviadukt: Halbzeit für die Bauarbeiten der Bahn auf der Schnellbahntrasse zwischen Mannheim und Stuttgart. Die Bahn liegt im Zeitplan, Einschränkungen für Reisende wird es aber weiterhin geben.

Vaihingen/Enz - Die gute Nachricht zuerst: bei der Sanierung der Schnellbahnstrecke zwischen Mannheim und Stuttgart ist die Hälfte geschafft und die Deutsche Bahn ist nach eigenen Angaben im Zeitplan. Die schlechte Nachricht: auch weiterhin wird es für Bahnreisende in beide Richtungen zwischen Stuttgart und Mannheim, beziehungsweise zwischen Stuttgart und Karlsruhe Behinderungen geben und zwar sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr. Um das der Presse zu sagen und um den Umbauzug – eine über 500 Tonnen schwere Baustelle auf Rädern – in Aktion zu zeigen, hat die Bahn am Montag zum Ortstermin auf dem Enztalviadukt in Vaihingen/Enz geladen.Und weil man bei der Bahn Verspätungen sehr ernst nimmt, kommt deren Presseteam gleich mal zu spät.

 

Während der Wartezeit kann Xaver Eiglmaier die Maschine erklären. Er ist der technische Leiter für Gleisbau bei der Baufirma Leonhard Weiß, die im Auftrag der Bahn 22 große Weichen und mehrere Kilometer Gleis austauscht. Der Gleisumbauzug, so heißt das 95 Meter lange Ungetüm offiziell, wiegt 250 Tonnen und wird mit 540 Pferdestärken angetrieben – eigentlich ein Fall für den Männersender Dmax. Zu dem Pressetermin sind aber nur der SWR, ein Radiosender und diverse Tageszeitungen gekommen. 15 solcher Züge gibt es in Deutschland, jeder kostet 30 Millionen Euro. Seit 25 Jahren gibt es solche Umbauzüge, „davor musste alles in Handarbeit gemacht werden“, sagt Eiglmaier. Also: Schiene weg, Schwellen raus, Kies wegschaufeln, neue Schwellen rein, neue Schiene drauf, festschrauben, verschweißen, fertig. Pro Stunde schafft der Zug 300 Meter Gleisstrecke.

„Die größte Baumaßnahme im Südwesten“

Mittlerweile ist auch das Bahn-Team eingetroffen. Roland Bosch, der Vorstand Produktion der DB Netz AG, sagt, dass die 14 Millionen Euro teure Sanierung ein Teil des Modernisierungsprogramms der Bahn sei. In den nächsten fünf Jahren werden bundesweit Projekte im Wert von 25 Milliarden Euro umgesetzt. Und: „2015 sind wir gut im Plan.“ Er wisse, dass die Arbeiten „große Kundenauswirkungen“ hätten – das ließe sich aber bei bis zu 800 Baustellen am Tag im Gesamtnetz nicht vermeiden.

Christian Becker, der Leiter Vertrieb und Fahrplan für den Regionalbereich Südwest, sagt, dass die Baustelle auf dem Enztalviadukt die „größte Baumaßnahme im Südwesten“ sei. Auf Nachfrage ergänzt er: bei bestehender Infrastruktur. Stuttgart 21 gibt es ja auch noch.

Auch in München hat die Baustelle Auswirkungen

Drei Jahre Planung habe die Modernisierung der Schnellbahnstrecke gebraucht. Das wirke sich aus bis München: Weil die Strecke bis zum 20. Oktober komplett gesperrt sei, müssten die Züge von Stuttgart nach Mannheim oder Karlsruhe über Bietigheim-Bissingen umgeleitet werden – das koste 15 Minuten Zeit, weswegen viele Züge in München oder Augsburg einfach eine Viertelstunde früher losführen. „So holen wir die Fahrzeitverlängerung wieder rein“, erklärt Christian Becker.

Als die Pressetruppe dann auf dem Viadukt zum Umbauzug geht, können sich auch die Leute von der Bahn das Knipsen mit dem Smartphone nicht verkneifen. Eine Art Mini-Schaufelradbagger schleudert den Schotter zur Seite, dann greifen große gelbe Haken die Schwellen heraus. Die neuen Betonschwellen kommen angefahren, ein so genannter Portalkran schießt auf Gleisen heran, die seitlich am Zug verlaufen, und ein Fließband befördert die Schwellen auf den Schotter. Die Schienen, sowohl die alte, als auch die neue, liegen derweil übereinander seitlich am Zug an, leicht gebogen und gehalten von Greifarmen. Für den Laien ungewöhnlich: die neuen Schienen sehen älter aus als die alten, mit einer rostroten Patina. Die alten Schienen glänzen grausilbern. Mit einem Knall rastet die neue Schiene an der Anschlussstelle ein. Der Zug kann weiterfahren.

Verzögerungen im Fern- und Nahverkehr

Strecke
Seit 1991 gibt es die Schnellfahrstrecke zwischen Mannheim und Stuttgart. Dort fahren die Züge bis zu 280 Stundenkilometer schnell.

Arbeiten
Die Modernisierung der Strecke dauert laut dem Plan der Bahn vom 24. September bis zum 8. November. Dabei kommt es zu vielen Behinderungen im Fern- und Nahverkehr. Bis zum 20. Oktober ist der Streckenabschnitt zwischen Vaihingen/Enz und Zuffenhausen komplett gesperrt, danach nur die Richtung von Zuffenhausen nach Vaihingen/Enz. Die Züge werden über Bietigheim-Bissingen umgeleitet. Eine Auflistung der Einschränkungen gibt es unter www.bahn.de/bauarbeiten.

Ausfälle
Manche ICE-Züge der Linien Stuttgart-Hamburg und Stuttgart-Köln-Hamburg fallen zwischen Mannheim bzw. Heidelberg und Stuttgart aus. Einige Intercity-Linien fahren früher ab oder kommen später an.