Verdi und Personalrat kritisieren die Stadt: Sie bezahle Erzieherinnen nicht adäquat. Die Verwaltung hält dagegen: das Entgelt sei arbeitsrechtlich in Ordnung. Durch den Streik wird der Ton härter.

Vaihingen/Enz - Schon seit Längerem liegt die Stadtverwaltung in Vaihingen/Enz im Clinch mit dem Personalrat. Im Kern geht es darum, wie ausgebildete Erzieherinnen in städtischen Kindergärten bezahlt werden. Die Gewerkschaft Verdi und der Personalrat fordern, dass die Erzieherinnen in eine ihrer Ausbildung entsprechenden Tarifgruppe eingestuft werden. Die Stadt argumentiert, dass sie tarifgerecht bezahle – und zwar gemäß den Anforderungen der Stellenbeschreibung.

 

Durch den von Verdi organisierten Streik der Erzieherinnen und Sozialarbeiter, der am Freitag auslief, wurde die Debatte hitziger. Die Gewerkschaftssekretärin Jana Seppelt sprach von einer „Politik der Angst“, die in Vaihingen herrsche. Junge Erzieherinnen mit befristeten Verträgen trauten sich nicht zu streiken, aus Angst, dass ihr Vertrag nicht verlängert wird.

Die Stadt beruft sich auf das Arbeitsrecht

In der Tat wurde in den städtischen Kindergärten in Vaihingen in dieser Woche wenig gestreikt. Nur ein Kindergarten von acht hatte am Montag und Dienstag geschlossen. In den anderen sei regulär gearbeitet worden, sagt Birgit Scheurer, die Leiterin der Abteilung Bildung, Sport und Erziehung. Der Oberbürgermeister Gerd Maisch will die Gewerkschaftsvorwürfe nicht auf sich sitzen lassen: „Ich bin seit 21 Jahren Bürgermeister, ich habe noch nie das Instrumentarium gebraucht, meine Mitarbeiter unter Druck zu setzen.“

Was die tarifliche Eingruppierung angeht, sieht sich die Stadt arbeitsrechtlich auf der sicheren Seite: „Sie erfolgt nicht nach Ausbildung, sondern nach Tätigkeit“, argumentiert Gerd Maisch. Die betroffenen Erzieherinnen würden nun mal als Zweitkraft die Arbeit von Kinderpflegerinnen übernehmen, was der Tarifgruppe S4 entspricht. Nur die Gruppenleitung bedürfe einer Ausbildung als Erzieher, die nach S6 bezahlt wird. Der Einkommensunterschied liegt, je nach Berufserfahrung, zwischen 200 und 400 Euro.

Nach Ansicht von Stephan Sure, dem stellvertretenden Vaihinger Personalratsvorsitzenden, ist diese Art der Eingruppierung gleichwohl „nicht ehrlich“. Die Verdi-Sekretärin Seppelt schlägt in die gleiche Kerbe: „Eine staatlich anerkannte Erzieherin kann ihre Ausbildung nicht einfach an der Eingangstür abgeben.“

Verdi hält Personalentwicklung für „Katastrophe“

Der Verwaltung gehe es nur darum, Geld zu sparen, führt Seppelt aus. Im Kreis Ludwigsburg sei Vaihingen, abgesehen von kleineren Kommunen, die einzige Stadt, die Erzieherinnen nicht nach ihrer Qualifikation bezahle. Im Oktober habe der Gemeinderat die Situation durch einen Beschluss zementiert, der vorsieht, dass in den künftigen Stellenbeschreibungen für eine Zweitkraft-Stelle ausschließlich die Kinderpflegerinnen-Tätigkeiten genannt werden. Also keine Elterngespräche, keine Bildungsarbeit. Für Erzieherinnen, von denen diese Stellen zum überwiegenden Teil besetzt werden, sei das eine „Dequalifizierung im Lebenslauf“, sagt Seppelt. Für die Personalentwicklung in der Kommune sei das „eine Katastrophe“. Da viele Nachbarkommunen ihre Zweitkräfte bereits nach Erzieherinnen-Tarif bezahlten, sei es deutlich schwieriger geworden, Personal für die Kindergärten zu finden, sagt der Vaihinger Personalrat Sure.

Hier widerspricht Gerd Maisch. Andere Kommunen nutzten die übertarifliche Bezahlung als Anreiz, um Personal zu gewinnen. Vaihingen müsse das nicht: Die städtischen Kindergärten seien gut besetzt. Der Gemeinderat habe im Haushalt sogar zwei neue Stellen bewilligt. Da der Personalrat aber wegen des Streits über die Tarifgruppierung seine Zustimmung verweigere, könne die Stadt diese Stellen nicht besetzen. Die Verwaltung will nicht von ihrer Position abrücken: „Wenn uns ein Arbeitsgericht sagt, dass unsere Auslegung der Tarifgruppierung rechtswidrig ist, dann werden wir das akzeptieren“, sagt Maisch. Hier gebe es aber bundesweit noch kein Verfahren dazu.