Auf dem Vaihinger Campus der Uni Stuttgart arbeiten das Rennteam und das Greenteam an ihren neuen Boliden, um bei der Formula Student anzugreifen.

Vaihingen - Irgendwann musste die Erfolgssträhne ja mal reißen. Jahr für Jahr kämpften die Vaihinger Studenten um den Sieg, holten mal einen Beschleunigungsweltrekord nach Vaihingen – und eigentlich immer auch hervorragende Ergebnisse auf der Strecke. Und dann das. Dem Green-team, das mit einem Elektrorennwagen in der Formula Student antritt, brannte das Fahrzeug ab, weil sich der Akku überhitzt hatte. Und der mit Benzin befeuerte Bolide des Rennteams explodierte, als der Druck in der Airbox zu groß wurde. Zum Glück wurde niemand verletzt. Aber das soll sich in diesem Jahr nicht wiederholen. Über den Winter haben die Teams neue Wagen aufgebaut. Derzeit wird getestet, und Mitte Juli wollen die Studenten im englischen Silverstone erstmals unter Wettbewerbsbedingungen zeigen, was sie können.

 

Die Formula Student ist eine weltweite Rennserie für Studenten. Die Teams entwerfen die Wagen selbst und bauen sie auch auf. Dann nehmen sie im Sommer an verschiedenen Rennen teil. Um zu gewinnen, müssen die Studenten in verschiedenen Disziplinen punkten. Dazu gehört etwa ein Beschleunigungsrennen oder ein Rennen über 22 Kilometer. Aber auch technische Details werden bewertet und der Businessplan.

Im Schichtbetrieb wird getestet und geschraubt

Für die Akademiker ist die Teilnahme mehr als nur ein Vollzeitjob. In der heißen Phase arbeiten sie bis zu 70 Stunden in der Woche für den Rennerfolg. Das Studium muss für dieses eine Jahr warten. Den Professoren macht das nichts, sie unterstützen die Studierenden. Und in der Industrie wird die Auszeit gern gesehen. Denn wer baut schon während seines Studiums einen Rennwagen?

„Wir haben pro Jahr zwischen 35 und 40 Studenten mit im Boot“, sagt Helena Ortwein, die beim Rennteam für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Es gibt andere Teams mit bis zu 80 Studenten, das wäre uns aber zuviel.“ Der aktuelle Bolide trägt den Namen F0711-10 . Tagsüber wird er getestet, auf einem Gelände des Sponsors Bosch. „Und nachts wird im Schichtbetrieb geschraubt“, sagt Ortwein.

Viele technische Lösungen wurden aus den Vorjahren übernommen, aber in einigen Punkten wird mit dem Benziner 2015 Neuland betreten. Dazu gehört das Drei-Dämpfer-System. Wie bisher übernehmen zwei Federn pro Achse die Räder links und rechts. Hinzu kommt aber eine dritte Feder, die beide Räder quasi verbindet und ein zu starkes Einknicken etwa beim Bremsen verhindert. „Die Aerodynamik nähert sich immer mehr der Formel 1 an“, sagt Ortwein. Deshalb wurde unter anderem der Heckflügel neu entworfen. Und im Heck kehrt man wieder zu einem Gitterrohrrahmen zurück. 2014 bestand das gesamte Teil aus Carbon, was zwar Gewicht sparte, aber eben auch anfällig war.

Die Radaufnahme stammt aus dem 3-D-Drucker

In einem von vorrangig männlichen Technikern bestimmten Sport ist Simone Faerber eine Ausnahme. Sie ist als technische Leiterin im Greenteam für die Mechanik des stromernden E0711-6 verantwortlich. „Am Fahrwerk haben wir viele Kleinigkeiten verbessert“, sagt sie und zeigt etwa auf die Gelenkaufnahmen, die flächig in das Kohlefaser-Monocoque eingelassen sind statt wie früher mit zwei Schrauben befestigt zu sein. Das verbessert die Steifigkeit der Karosserie-Sicherheitszellen-Einheit und spart Gewicht. Die Felgen sind neu und die Radaufnahmeträger aus Titan stammen aus dem 3-D-Drucker. Vor allem aber wurde an der Elektronik gefeilt.

„Unser größtes Ziel ist, dass so etwas wie letztes Jahr nicht wieder passiert“, sagt sie. Also wurde jede Akkuzelle vor dem Einbau überprüft. In einer Klimakammer wurden Simulationen gefahren und mit einer Wärmebildkamera der Stromspeicher beobachtet, damit das Teil nicht wieder Feuer fängt. „Gewinnen wollen alle. Aber wir wollen die Schnellsten sein“, sagt Faerber. „Wir haben den Rennwagen auf Performance ausgelegt.“