Am Wallgraben arbeitet das Vaihinger ZSW an Reaktoren, um aus grünem Strom Gas zu produzieren. Mit Gas wurde früher, wird auch heute noch der Strom erzeugt, der Vielen mit einem grünen Gewissen als dreckig erscheint.

Stuttgart-Vaihingen - Die silbernen Rohre vollführen einen Tanz auf eine Musik, die nur wenige verstehen. Ulrich Zuberbühler ist einer von ihnen. Er arbeitet für das Vaihinger Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung an der Industriestraße. Keine 500 Meter von seinem Büro entfernt, unterhält das ZSW eine Außenstelle, mit freundlicher Genehmigung der EnBW. An der Kreuzung am Wallgraben stehen auf einer Wiese zwei große Metallkugeln, in denen der Energiekonzern sein Gas speichert.

 

Mit Gas wurde früher, wird auch heute noch der Strom erzeugt, der Vielen mit einem grünen Gewissen als dreckig erscheint. In dem schmucklosen und in die Jahre gekommenen Gebäude gleich nebenan forscht Zuberbühler an der Energieversorgung der Zukunft. Die wird zwar deutlich umweltfreundlicher sein, trotzdem gleicht das Ganze einem Anachronismus. Denn Zuberbühler vertraut dabei erneut auf Gas.

Der Wind hält sich nicht an Vorgaben

Die Rohre sind Teil der „Power-to-Gas-Anlage“ des ZSW, die im Herbst vergangenen Jahres aufgebaut wurde. Übersetzt heißt das „Strom zu Gas“. Die Grundzüge sind leicht erklärt. Natürliches Erdgas setzt bei der Verbrennung das Kohlenstoffdioxid frei, das sich über Jahrtausende angesammelt hat. Das künstlich erzeugte Vaihinger Gas setzt zwar ebenfalls den Klimakiller Kohlenstoffdioxid frei, aber nur in dem Maße, wie es ihn bei der Produktion gebunden hat – und das mit umweltfreundlich erzeugtem Strom.

„Der Sinn ist, die Überschüsse bei den erneuerbaren Energien zu speichern“, sagt Zuberbühler. Die Industrie und die Haushalte benötigen Strom vor allem tagsüber und unter der Woche, besonders viel morgens, wenn die Maschinen angeworfen werden oder im Winter, wenn ordentlich geheizt wird. Aber der Wind hält sich nicht an diese vom Menschen diktierten Vorgaben und bläst mal mehr, mal weniger, und manchmal auch gar nicht. Ebenso verhält es sich mit dem Regen, der Wasserkraftwerke antreibt oder mit der Sonne, die auf Solarzellen fällt.

Dabei ist es aber das politische Ziel, dass bis 2050 insgesamt 80 Prozent des Strombedarfs aus Erneuerbaren gedeckt wird. Also müssen große Speicher her, die den Strom sammeln, wenn er produziert wird und abgeben, wenn er nachgefragt wird. „Das kann eine Batterie oder ein Pumpspeicher aber nicht leisten“, sagt Zuberbühler. Batterien sind nach wenigen Stunden voll, Pumpspeicher nach wenigen Tagen. Gaskavernen, in denen schon heute Erdgas gelagert wird, können jedoch monatelang gefüllt werden.

„Die Kosten müssten auf ein Drittel gesenkt werden“

Hier nun kommt die Anlage des ZSW ins Spiel. Zwei Reaktoren stehen in der ehemaligen Kompressorhalle der EnBW. Diese produzieren aus Wasserstoff und Kohlendioxid Methan. Das CO2 strömt derzeit noch aus Flaschen, könnte aber auch von einer Biogasanlage angezapft werden. Das entstandene Methan hat inzwischen einen Reinheitsgrad von 99 Prozent. Die Vaihinger verbuchen das als Erfolg, weil es dadurch in das Erdgasnetz eingespeist werden könnte. Das ist nur das eine, leicht zu erreichende Ziel. Das andere, weit schwierigere Unterfangen ist, dies auch wirtschaftlich machen zu können.

„Die Kosten müssten auf ein Drittel gesenkt werden“, sagt Ulrich Zuberbühler. Um das zu erreichen, ist zum einen weitere Forschung nötig. Der Bund steckt deshalb Geld in das Vaihinger Projekt. Mehr noch müssten die Anlagen aber in Großserie produziert werden. Das ist derzeit nicht absehbar.

Die Vaihinger wollen in naher Zukunft zumindest ihre Reaktoren „in den vorkommerziellen Betrieb überführen“, sagt Zuberbühler. „Der Standort ist dafür prädestiniert.“ Schließlich stehen auf der Wiese die beiden Gaskugeln der EnBW. „Und einige Meter weiter ist eine Erdgastankstelle. Die nötigen Rohrleitungen sind ohnehin vorhanden.“