Die Vatikanbank soll in ein ruhigeres Fahrwasser – doch kurz vor Weihnachten hat wieder einmal ein Skandal um Immobilienverkäufe sie in die Schlagzeilen gebracht. Papst Franziskus ist bei der radikalen Reform des „Instituts für religiöse Werke“ aber auf Kurs.

Rom - Kurz vor Weihnachten hat die Bank des Vatikans wieder einmal die Idylle am Petersplatz gestört – ganz wider die Absicht von Papst Franziskus und seines als Sanierer und Aufräumer berufenen Kurienkardinals George Pell. Der hatte noch Anfang Dezember angekündigt, dass das IOR, das „Institut für die religiösen Werke“, bei den Journalisten Langeweile erzeugen werde. Nun hat er zum Ende des Jahres doch wieder mit einem neuen Skandal zu tun. „Die Vatikanbank zeigt ihre früheren Chefs wegen Veruntreuung an – Schaden von 60 Millionen Euro – Konten im Wert von 16,8 Millionen Euro eingefroren“, so lauteten die Schlagzeilen. Der frühere Vatikanbank-Präsident Angelo Caloia, Ex-Generaldirektor Lelio Scaletti und der Anwalt Gabriele Liuzzo sollen bei Immobiliengeschäften bis zu 60 Millionen Euro unterschlagen haben.

 

Das IOR kommt nicht zur Ruhe. Zum einen der Skandale aus der Vergangenheit wegen, zum anderen, weil Papst Franziskus dieses Jahr die vatikanische Finanzlandschaft so tiefgreifend umgepflügt hat, dass es eine Weile dauern wird, bis sich im Wechsel der Vorschriften, der Zuständigkeiten, des Führungs- und des Kontrollpersonals alles zurechtgefunden hat und dann: bis die erst noch zu präsentierenden Strategiepläne umgesetzt werden können. Doch all das, die Skandalmeldungen eingeschlossen, ist nach Mehrheitsmeinung unter den Beobachtern ganz in Ordnung: Es zeigt, dass im Vatikan so gründlich und so zukunftsfähig aufgeräumt wird wie noch nie – auch wenn im Augenblick ein gewisses Durcheinander vorherrscht.

Der Papst räumt auf

Das passt zum Stil von Franziskus. Er hat die alte Garde fast vollständig abgelöst. Aus dem fünfköpfigen Kardinalsrat, der das IOR beaufsichtigt und den Benedikt XVI. erst im Februar 2013 noch einmal vermeintlich auf fünf Jahre bestellt hat, hat Franziskus schon elf Monate danach vier Mitglieder entfernt. Im Juli dann, als der gleichfalls von Benedikt berufene deutsche IOR-Präsident Ernst von Freyberg ging und durch den französischen Investmentbanker Jean-Baptiste de Franssu ersetzt wurde, bestellte Franziskus auch gleich den sechsköpfigen IOR-Vorstand neu.

Immerhin war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass das Institut überleben würde. „Der Apostel Petrus hatte auch keine Bank“, hatte ein sehr skeptischer Franziskus am Beginn seiner Amtszeit gemurmelt. Im April aber sicherte er dem IOR eine Zukunft als Finanzdienstleister für den Dienst der katholischen Kirche in aller Welt zu. Aus der vatikanischen Bank wird eine Einrichtung für den unerlässlichen Geldtransfer innerhalb der Weltkriche.

Das IOR, das im Kampf gegen Geldwäsche und illegal geparkte Finanzen praktisch alle seine 18 900 Konten durchleuchtet, 3400 geschlossen und mehr als 1300 zumindest zeitweise eingefroren hat, verwaltet derzeit Kundeneinlagen von etwa sechs Milliarden Euro. Die eigentlichen Schätze des Vatikans liegen woanders. In der APSA, der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls. Doch während das IOR inzwischen schon seinen zweiten, hochdetaillierten Jahresbericht veröffentlicht hat, ist die APSA bis heute ein Hort einzigartiger und ungebrochener Geheimniskrämerei. Das hat – vor allem weil dort der immense Gebäudebesitz der Kirche verwaltet wird – zu undurchdringlicher Klüngelei mit römischen Immobilienhaien geführt. Fälle wie jenen des nun angezeigten früheren IOR-Präsidenten Angelo Caloia, der 29 kirchliche Gebäude unter Wert an Scheinfirmen verkauft haben soll, um beim Weiterverkauf zu Marktpreisen den Gewinn privat einzustreichen, wird es mangels Kontrollen auch in der APSA gegeben haben.

Italienischer Einfluss wurde hinausgedrängt

Doch auch da hat der Papst nun zugepackt, oder besser: George Pell geschickt, einen ehemaligen Rugbyspieler. Den Kardinal von Sydney hat Franziskus im Februar zu seinem Superminister für Wirtschaft und Finanzen gemacht, ein Ressort, das es in der Kurie vorher nie gab. Im Juli bekam Pell auch noch die ganze Immobiliensektion der APSA zugeschlagen. Und der Mann greift weiter aus: Ohne dass er eine Zuständigkeit übers IOR hätte, hat Pell sein Büro kürzlich in dessen Präsidentenetage eingerichtet. Pells Berufung war auch ein Coup des Papstes. Über sich hat er einen 15-köpfigen Rat für Wirtschaft, der unter Vorsitz des Münchner Kardinals Reinhard Marx auch fast nur aus Ausländern besteht: Der italienische Einfluss, der in Rom so oft zu Filz geführt hat, ist radikal hinausgedrängt. Noch mehr als das: sieben Ratsmitglieder sind keine Kleriker, und erstmals haben diese volles Stimmrecht.

Kürzlich hat Franziskus auch noch den Schweizer René Brülhart, seinen Kämpfer gegen Geldwäsche, zum Präsidenten der Finanzaufsicht befördert. Brülhart steht, was das betrifft, nun höher als jeder Kardinal. Für den Vatikan ist eine solche Aufwertung der Laien nicht weniger als eine Revolution. Es hat – gerade weil Brülhart Überwachungsfunktionen für den gesamten Kurienbetrieb hat und seine Zugriffsrechte auch einfordert – heftig gekracht hinter den dicken Mauern.

IOR – Bank mit umstrittener Geschichte

Die Bank
Das Istituto per le Opere di Religione (IOR) („Institut für die religiösen Werke“), das häufig auch Vatikanbank genannt wird , ist ein privatrechtlich organisiertes Kreditinstitut im Besitz des Heiligen Stuhles. Es hat seinen Sitz im Turm Nikolaus V. in unmittelbarer Nähe zum Apostolischen Palast des Papstes.

Probleme
Das Institut galt in der Vergangenheit wegen der mangelnden Transparenz seiner Bilanzen sowie zahlreicher anonymer Nummernkonten, die in Verbindung mit Geldwäsche für die Mafia und Steuerhinterziehung gebracht wurden, auch als ein rechtlich anrüchiges Steuerparadies mitten in Europa.

Mordfälle
Ende der 1970er Jahre gab es einen Skandal um Geschäfte, in die das IOR, die größte italienische Privatbank Banco Ambrosiano und die Mafia verwickelt waren. Die damit zusammenhängende Ermordung des Chefs der Banco Ambrosiano und dessen Sekretärin im Jahr 1982 wurde nie voll aufgeklärt.