Sich vegan zu ernähren, ist längst nichts Außergewöhnliches mehr. Umso erstaunlicher ist es, dass veganes Eis erst in diesem Sommer in Stuttgart seinen Einzug in die Eisdielen hält.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Stuttgart - Wer sich an heißen Sommertagen im Kessel auf die Suche nach veganem Eis macht, der kommt um die ausgefeilten Kreationen von Bruna nicht herum. Bruna, das sind Michael Schmidt und Angelika Bruna aus Winterbach. Die beiden hatten bereits vor fünf Jahren in ihrer damaligen Eisdiele in Grunbach veganes Eis verkauft und waren damit ihrer Zeit voraus. „Damals wollte niemand veganes Eis, erst recht nicht auf dem Dorf“, sagt Bruna. Die beiden Veganer machten trotzdem weiter. Mittlerweile sind ihre Eisvarianten in Stuttgart angekommen. Dort bieten etwa der Obst- und Gemüsehändler Pois, der vegane Laden Kichererbse und die Kaffee-Bar Eight Days a Week Bruna-Eis an. In der Region gibt es rund zehn weitere Verkaufsstellen.

 

Matthias Pfeiffer vom Eight days a week schwört darauf: „Es ist nicht leicht, so ein gutes Eis zu finden. Heutzutage werden 90 Prozent des Eisverkaufs über die Supermärkte abgewickelt. Bleiben zehn Prozent, die an Eisdielen verkauft werden. Davon machen nur noch sehr wenige das Eis nach eigenen Rezepten, die meisten verwenden Fertigmischungen“, so Pfeiffer. Da sich immer mehr Menschen bewusster ernährten oder Lebensmittelunverträglichkeiten hätten, setzt Pfeiffer auch auf die rein pflanzlichen Sorten von Bruna.

Die Sorten werden von Bruna und Schmidt selbst kreiert und in Handarbeit gefertigt. „Es hat sehr lange gedauert, bis wir es so hinbekommen haben. Wir verarbeiten alle Früchte selbst, pressen Säfte aus, reiben Schalen ab, alles ist Handarbeit“, erklärt Bruna. Sie ist für die Rezepte verantwortlich und für die vielen Varianten wie etwa Matcha-Minze-Chocolatechip, Limette-Holunder, Orange-Avocado, Schoko-Buchweizen, Mandel oder Erdbeer-Melisse. Ihr Mann Michael bedient die Eismaschine.

Viel mehr als nur Sorbets

Die Sorbets, also die reinen Fruchteissorten, werden dabei ausschließlich aus saisonalen Obstsorten kreiert. Es wäre aber wohl zu einfach für die Eisspezialisten, nur auf pflanzliches Fruchteis zu setzen. Auch Cremeeis hat das Winterbacher Zwei-Personen-Unternehmen im Angebot und setzt dabei weitere Akzente: „Wir verzichten auf Sojamilch und benutzen stattdessen Mandel-, Quinoa- oder Chiamilch, als Verdickungsmittel setzen wir Kartoffelstärke ein. Mit dieser Basis stellen wir ein sehr cremiges Eis her.“ Für Pois erfinden die beiden sogar exklusive Sorten aus den von Pois gelieferten fair gehandelten Obstsorten. „Da gibt es etwa Mandarine-Kokos, Melone und Cashew-Clementine“, sagt die findige Eismacherin.

Doch Bruna ist nicht der einzige Name, den man sich in Sachen veganes Eis merken sollte. Seit Mai 2015 verkaufen auch Tanja Grahovac, Tim Schaber und Claudio Estasi unter dem Namen Claus Eismanufaktur veganes Eis, das sie selbst herstellen. Weil sie kein bezahlbares Lokal für eine feine Eisdiele finden konnten, entschlossen sich die drei kurzerhand, ihren Eisverkauf mobil zu machen: mit einem VW-Bus, der gleichzeitig der Verkaufsstand ist. Die Hälfte ihrer zehn Sorten ist vegan, doch auch ihnen sind rein pflanzliche Fruchteissorten wie Johannisbeere oder Zitrone-Basilikum nicht genug. Die veganen Cremeeisvarianten basieren bei Claus auf Soja-, Reis- oder Kokosmilch, verdickt wird mit Johannisbrotkern- oder Guarkernmehl. Heraus kommen Kreationen wie Peanutbutter oder der Kassenschlager Dunkle Schokolade. „Ich glaube zwar, dass es ein Ernährungstrend ist, wir finden es aber gut, dass wir den Leuten so die vegane Lebensweise näherbringen. Ich habe den Eindruck, das funktioniert ganz gut“, so Grahovac.

Nicht ausdrücklich deklariert

Auch Angelika Bruna freut sich über den Trend: „Einerseits ist es gut, dass ein Umdenken in Bezug auf Umwelt und Gesundheit stattfindet und viele sich in die vegane Richtung orientieren, andererseits wollen viele auf den veganen Zug aufspringen, weil man damit Geld verdienen kann“, so Bruna. Ähnlich sieht das Esther Weeber-Kirschenlohr von der Eisdiele Pinguin, die in diesem Sommer ihr 30-jähriges Bestehen feiert: „Mein Fruchteis ist schon immer vegan. Vor zehn Jahren hatte ich Sojaeis in der Vitrine, da wollte es keiner, heute fragen die Kunden ständig nach veganem Eis. Das ist gerade ein Trend.“ Der treibe sie jedoch nicht dazu, nur noch oder verstärkt vegane Sorten anzubieten. „Ich habe rund zehn verschiedene Fruchtsorbets, die schon immer nur aus Früchten, Wasser und Zucker bestehen, die deklariere ich jetzt nicht ausdrücklich als vegan, aber es ist so“, sagt die Geschäftsführerin des Pinguin.

Dass die Nachfrage an veganen Eissorten enorm ist, weiß auch Vincenzo DeMarco von der Gelateria Kaiserbau, die ebenfalls von dem Trend profitiert. „Wir freuen uns, dass wir gleich viele vegane wie nicht vegane Eissorten anbieten können.“ Vegan sind bei ihm Fruchteis-Sorten wie Cassis, Mango oder Zitrone. Das ist laut Bruna jedoch nicht selbstverständlich: „Manche Eismacher mischen dem Fruchteis Trockenmilchpulver bei, daher ist nicht immer jedes Fruchteis automatisch vegan.“