Vordergründig geht es in „Die Zeitungsfrau“ um einen Meisterdieb, der 20 Jahre nach seinem Tod wiederzukehren scheint. Tatsächlich handelt Veit Heinichens neuer Krimi von den grotesken Auswüchsen der italienischen Schattenwirtschaft.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Triest - Ist der gerissene Meisterdieb Diego Colombo wirklich vor 20 Jahren bei der Explosion einer Jacht ums Leben gekommen, oder hat er sich nur versteckt, um jetzt plötzlich wieder in Erscheinung zu treten? Die jüngsten Vorfälle im italienischen Triest tragen Colombos Handschrift, Commissario Proteo Laurenti ist höchst alarmiert. Schon damals war ihm der Ganove durch die Finger geschlüpft, nun scheint er wieder dem Kommissar auf der Nase herumzutanzen. Die Zeitungen machen sich lustig und der Chef der Triester Polizei springt im Dreieck.

 

Doch wenn Colombo wirklich noch lebt – warum sollte er plötzlich seine Tarnung aufgeben? Laurenti stellt Colombos voluptuöse Witwe Teresa Fonda, die drei Kinder hat, deren Vater niemand kennt, unter Beobachtung. Fonda handelt verdächtig, doch es stellt sich heraus, auch sie steht unter Druck. Der Commissario ermittelt und entwirrt allmählich ein zunächst undurchdringliches Geflecht aus Hass, Verrat, Korruption und Schattenwirtschaft.

Im Triest von Veit Heinichen sind die Ehrlichen sehr einsam. Einer schmiert den anderen, jeder schafft in die eigene Tasche und alle miteinander am Staat vorbei. Die Schattenwirtschaft, eines der großen Probleme Italiens, ist allgegenwärtig. In die offizielle Buchhaltung wandern nur die notwendigsten Beträge, ansonsten schaufeln die Geschäftemacher das Geld kofferweise über die nahegelegene Grenze in die prekären Staaten des Balkans. Korrupte Polizisten nutzen ihr Wissen und setzen Steuerflüchtlinge gezielt unter Druck. Im Freihafen wird geschmuggelt, was das Zeug hält.

Heinichen schildert die halb bis ganz kriminellen Verhältnisse seiner Wahlheimat nüchtern, aber mit einem gewissen Augenzwinkern. Ihm geht es weniger ums Verbrechen, mehr um die Schilderung einer egoistischen und geldgierigen Gesellschaft, die sich vom Konsens, ihr Wesen gemeinsam zu finanzieren, verabschiedet hat. Es geht ihm auch darum, was dies mit den Menschen und ihrem Gewissen macht.

Veit Heinichen: „Die Zeitungsfrau. Commissario Laurenti in schlechter Gesellschaft.“ Piper Verlag, München 2016. 352 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, 20 Euro. Auch als E-Book, 14,99 Euro.