Der Nationale Wahlrat von Venezuela stoppt nach wie vor ein Referendum, in dem Staatschef Nicolas Maduro die Abwahl droht. Die Bevölkerung leidet inzwischen unter einer extremen Versorgungskrise.

Korrespondenten: Klaus Ehringfeld (ehr)

Caracas - Im Ringen um die Durchsetzung eines Abberufungsreferendums gegen Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro hat die Opposition einen harten Rückschlag hinnehmen müssen. Der Nationale Wahlrat CNE stoppte am Donnerstag das Referendum und die Sammlung der notwendigen Unterschriften bis auf weiteres und entsprach damit erstinstanzlichen Gerichtsurteilen in fünf Bundestaaten. In den Staaten Apure, Aragua, Bolívar, Carabobo und Monagas hatte der Staat gegen angeblich gefälschte Unterschiften der Opposition geklagt, mit der in der ersten Stufe das Abberufungsverfahren eingeleitet worden war.

 

„Der CNE folgt den Urteilen und stoppt die Sammlung von Unterschriften bis zu einer neuerlichen richterlichen Entscheidung“, erklärte der Wahlrat am Nachmittag auf seiner Internetseite. Damit kann eine für kommende Woche geplante Unterschriftensammlung, mit der die Opposition noch dieses Jahr ein Referendum zur Abwahl Maduros erzwingen wollte, nicht stattfinden. Für das Zustandekommen der Volksabstimmung hätten die Initiatoren in den 23 Bundesstaaten Venezuelas binnen drei Tagen die Unterschriften von jeweils mindestens 20 Prozent der Wähler zusammenbringen müssen.

Friedlicher Druck von der Straße

In einer ersten Reaktion zeigten sich Vertreter des Oppositionsbündnisses MUD verärgert und riefen zu Widerstand und einer Demonstration am Samstag in der Hauptstadt Caracas auf. „Wir werden von der Straße friedlich Druck auf die Regierung ausüben“, sagte David Smolansky, Vorsitzender der Partei „Voluntad Popular.“ Henrique Capriles, einer der mächtigsten Führer in der Opposition, warnte, dass die Regierung mit dieser Entscheidung die Verfassung breche. „Maduro hat das Land in eine gefährliche Situation gebracht und zur Verschärfung der Krise beigetragen“. Kurz vor Mitternacht dann erließ ein Gericht in der Stadt Valencia ein Ausreisverbot für Capriles und weitere sieben Mitglieder der Opposition.

Auch dieser Schritt dürfte den Konflikt zwischen der Regierung von Maduro und seinen Gegnern noch weiter verschärfen. Die Opposition will den ungeliebten linksnationalistischen Staatschef mittels eines Abberufungsreferendums, das in der Verfassung vorgesehen ist, noch in diesem Jahr abwählen lassen. Das versuchen Regierung, Wahlrat und regierungstreue Justiz zu unterbinden. Nur wenn das Plebiszit noch in diesem Jahr stattfindet und Maduro unterliegt, werden Neuwahlen stattfinden. Ab dem 10. Januar würde im Falle einer Niederlage Maduros einfach sein loyaler Vize-Präsident Aristóbulo Istúriz die Amtsgeschäfte bis zum Mandatsende 2019 weiterführen.

Massive Versorgungskrise

Das ständige Hinauszögern der notwendigen Schritte seitens des CNE liegt vor allem daran, dass Maduro weiß, ihm würde beim Referendum eine krachende Abwahl blühen. Und die Neuwahl würde zudem die Opposition gewinnen. Venezuela durchlebt seit vielen Monaten eine massive Versorgungskrise. Die Menschen hungern, in Krankenhäusern kann nur noch eine Notversorgung garantiert werden. Das Land des „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ ist nicht in der Lage, genügend Nahrungsmittel zu produzieren und wegen der gesunkenen Öleinnahmen auch nicht so flüssig, dass es im Ausland Lebensmittel und andere wichtige Güter kaufen kann. Zudem steht der Erdölkonzern PDVSA vor der Pleite. Ein Zusammenbruch des Konzerns würde vermutlich direkt eine Staatspleite nach sich ziehen.

Die Staatspleite droht

In den vergangenen zehn Jahren stieg der Anteil der Ölverkäufe an den Staatseinnahmen von 68 auf 95 Prozent. In Zeiten hoher Weltmarktpreise ist das ein Segen. Aber da der Preis für das venezolanische Öl von einst knapp 100 auf 25 Dollar im ersten Quartal 2016 gefallen war, sackten auch die Staatseinnahmen um gut drei Viertel zusammen. Derzeit liegt der Ölpreis bei rund 50 Dollar. Am Freitag läuft eine Frist aus, mit der ausländische Gläubiger von einer Umwandlung bald fälliger Anleihen in länger laufende Papiere überzeugt werden sollen. Insgesamt geht es um ein Volumen von 5,3 Milliarden US-Dollar (4,8 Milliarden Euro). Sollte die Umschuldung nicht klappen, droht die Staatspleite. PDVSA hat 150 000 Mitarbeiter, ist ineffizient und benötigt millionenschwere Investitionen in die Infrastruktur. Venezuela ist das Land mit den weltweit höchsten nachgewiesenen Ölreserven. http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.alberto-barrera-tyszka-die-letzten-tage-des- comandante-venezuela-land-ohne-hoffnung.fa55868a-58fc-45ec-89f4