Der Düsseldorfer Architekt Christoph Ingenhoven ärgert sich über die Projektgegner und hält an seinen Entwürfen fest - wenn auch leicht verändert.

Stuttgart - Christoph Ingenhoven hat Recht. So zumindest sieht das der Architekt selbst. Selbstbewusst tritt er an diesem Morgen im Kommunikationsbüro des Bahnprojekts vor die Presse. Die Journalisten sind gekommen, um sich von Ingenhoven die Veränderung an den Entwürfen für den Umbau des Hauptbahnhofs erklären zu lassen. Der Architekt des geplanten Tiefbahnhofs lässt sich in Stuttgart nicht besonders häufig sehen, dementsprechend groß ist der Andrang im Büro.



ungen, die Ingenhoven dann mit einem Beamer an die Wand wirft, tragen den 13 Jahren Rechung, die vergangen sind, seitdem der Architekt mit seinem Entwurf die Jury überzeugt hat. Als grünen Bahnhof versucht Ingenhoven seinen Umbau nun zu präsentieren, mit niedrigen Energiekosten und einer guten Akustik. Die zusätzlichen Zugänge zum künftigen Tiefbahnhof sollen nun kleiner werden als ursprünglich gedacht, das soll den Bezug zum denkmalgeschützten, historischen Bonatzbau verbessern. Die Seitenflügel doch noch zu erhalten, ist aber auch in den modifizierten Entwürfen nicht vorgesehen.

Unmöglich sei das, sagt der Architekt. Auch keiner der anderen Entwürfe, den die Jury damals im Wettbewerb in die engere Wahl genommen habe, habe geplant, die Flügel beizubehalten. "Architektur muss langfristig Bestand haben, haltbar sein", sagt Ingenhoven. Sein Entwurf werde das sein. Es klingt ein bisschen so, als plane er das Kolosseum und nicht einen neuen Bahnhof.

Verärgert über die Grünen


"Protest hat es immer schon gegeben, auch in anderen Städten", sagt Ingenhoven. In Stuttgart habe er das Gefühl, dass die Demonstrationen zunehmend einen Zwangscharakter bekämen, "Demonstrationen dürfen die Arbeit von Parteien aber nicht ersetzen", gibt der Architekt zu bedenken. Die Grünen hätten die parlamentarische Arbeit zugunsten der außerparlamentarischen Aktionen eingestellt. Ihn störe es außerdem, dass die Projektgegner so täten, als hätten sie die moralisch überzeugenden Argumente auf ihrer Seite.

Doch nicht nur die Gegner sind es, die Ingenhoven das Leben schwer machen. Sein Kollege Frei Otto, der vor 13 Jahren zusammen mit Ingenhoven die für den neuen Tiefbahnhof charakteristischen Lichtaugen entworfen hatte, äußerte jüngst Zweifel daran », ob der Entwurf von damals noch heute seine Berechtigung hat. Sorge bereitet Frei Otto vor allem das Grundwasser, das beim Bahnhofsbau zum Problem werden könnte, der Gipskeuper sei als Baugrund unzuverlässig. Christoph Ingenhoven ärgert sich über derlei Äußerungen des älteren Kollegen. Zu solchen Einschätzungen sei Frei Otto nicht qualifiziert, mit dem Bau seien die besten Ingenieure beauftragt, an deren Fachverstand nicht gezweifelt werden müsse. "Architektur muss erklärbar sein", sagt Ingenhoven. Er selbst sei gerne bereit, seine Entwürfe zu erklären. Das, so hoffe er, könnte zur Schlichtung der Konflikte um das Projekt beitragen.

Zehn Minuten später versuchen nur ein paar hundert Meter vom Kommunikationsbüro entfernt, auf der anderen Straßenseite, Baufahrzeuge sich dem Nordflügel zu nähern. Polizisten tragen Protestgegner weg, die vor dem Bauzaun sitzen. Passanten bleiben stehen, Taxifahrer regen sich über den Stau auf, der sich vor dem Bahnhof bildet. "Oben bleiben", skandieren die Protestgegner. Christoph Ingenhoven hört sie nicht.