Sie sind die Feuerwehr, wenn an den Schulen Not am Mann ist. Doch während der Sommerferien bekommen Vertretungslehrer kein Geld. Das wird sich wohl auch nicht ändern.

Stuttgart - Mehr als 8000 Lehrer in Baden-Württemberg werden am 28. Juli arbeitslos, klagen die Lehrerverbände, der Landeselternbeirat (LEB) und der Landesschülerbeirat im Land. Etwa 5000 Referendare und rund 3000 Vertretungslehrer bekommen in den sechs Wochen der Sommerferien kein Gehalt. Dabei werden die meisten von ihnen nach den Ferien wieder eingestellt. Das hält Baden-Württemberg, wie andere Bundesländer auch, schon lange so. Doch inzwischen verschärfe sich das Problem deutlich, erklärten Vertreter der Verbände, die auf Initiative des Landeselternbeirats zum ersten Mal gemeinsam in Aktion traten. Sie fordern, mehr Lehrer fest anzustellen und die anderen auch während der Sommerferien zu bezahlen.

 

Um die Unterrichtsversorgung sicher zu stellen, werden den Verbänden zufolge immer mehr Vertretungslehrer benötigt. In den Lehrerzimmern ist ein Generationswechsel im Gange. Viele der jungen Pädagogen müssen für die Elternzeit vertreten werden. „Daran ändert sich auch in den nächsten Jahren nichts“, erklärte Doro Moritz, die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Dazu komme eine große Zahl von Lehrern, die langfristig erkrankt seien.

Feste Lehrerreserve zu knapp

Die feste Lehrerreserve aus beamteten Lehrern sei viel zu klein, klagen GEW, Philologenverband, der Berufsschullehrerverband und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) ebenso wie Eltern und Schüler. 1666 Lehrer stehen dafür zur Verfügung. 4000 weitere verlangen die Verbände. Die Schulen behelfen sich mit rund 3000 befristet anstellten Lehrern. Auch viele Lehrkräfte in den Vorbereitungsklassen für Flüchtlinge haben nur Zeitverträge und bekommen in den Sommerferien kein Geld.

„So geht kein guter Arbeitgeber mit seinen Arbeitskräften um“, sagt die GEW. Der Berufsschullehrerverband nennt die Praxis „unsozial“ und der Vorsitzende des Landeselternbeirats Carsten Rees hält die Lehrerentlassungen in den Sommerferien für „unsinnig und kontraproduktiv“. Schon jetzt könnten gar nicht genügend Lehrer für die Vertretungen gefunden werden. Viele wandern ab, zum Beispiel in die Schweiz,aber auch in andere Bundesländer. „Die Problematik einer unzureichenden Unterrichtsversorgung wird jetzt erst so richtig Fahrt aufnehmen“, warnt Gerhard Brand, der Vorsitzende des VBE.

35 Millionen, ein Nasenwasser?

Noch in ihrem Wahlprogramm hat die CDU versichert, „wir werden die Beschäftigungsverhältnisse unserer Lehrerinnen und Lehrer so anlegen, dass sich niemand in den Sommerferien arbeitslos melden muss“. Für die grün-schwarze Landesregierung hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärt, die Weiterbeschäftigung der Referendare und Aushilfslehrer wäre zu teuer. 35 Millionen Euro kämen während der Sommerferien zusammen. Ein Nasenwasser, meint Gerhard Brand, angesichts des Landeshaushalts: „Das wäre so, als würde sich jemand mit einem Monatsgehalt von 2900 Euro überlegen, ob er einmal im Jahr eine Schachtel Zigaretten kauft“.

Eigentlich wollten die Verbände ihre Forderungen der Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) und der Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) vorlegen. Beide Ministerinnen hätten aber ein Treffen abgelehnt. „Unerklärlich“, findet das Brand, von einer „knallharten Absage“ spricht Moritz. So kam es zur gemeinsamen Aktion der Verbände. Kultusministerin Eisenmann verweist darauf, dass jeder der Verbandsvertreter bereits einen gesonderten Termin habe. Daher habe man auf einen weiteren gemeinsamen Termin in der Sache verzichtet.

90 Prozent Beamte

Sie betont, die befristete Beschäftigung sei in Baden-Württemberg „die große Ausnahme“. Mehr als 90 Prozent der Lehrer seien Beamte. Wer die Voraussetzungen erfülle, bekomme hierzulande in der Regel auch eine Beamtenstelle. Das sei bei vielen Vertretungslehrern nicht so. Die Forderungen, die Aushilfslehrer über die Sommerferien zu bezahlen nennt Eisenmann „durchaus nachvollziehbar.“ Sie ergänzt jedoch: „Nicht alles, was wünschenswert wäre, ist auch finanzierbar“. Sie sehe den dringendsten Bedarf bei der qualitativen Weiterentwicklung der Schulen. Dafür werde das Land seine finanziellen Spielräume nutzen.