Die Juristin Nicola Schelling ist am Mittwoch zur neuen Regionaldirektorin gewählt worden und hat sich damit gegen den Uhinger Bürgermeister Matthias Wittlinger durchgesetzt. Allerdings erst im zweiten Wahlgang und mit nur einer Stimme Mehrheit.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Bis zuletzt ist es am Mittwoch in der Regionalversammlung in der Liederhalle spannend geblieben: Erst im zweiten Wahlgang konnte die 46-jährige parteilose Juristin Nicola Schelling eine gültige Mehrheit erringen gegenüber dem zweiten Bewerber Matthias Wittlinger, der Bürgermeister in Uhingen ist und nun auch bleibt. Schelling erhielt 44 von 86 Stimmen, Wittlinger 39 Stimmen, drei Regionalräte blieben unentschieden und enthielten sich.

 

Im ersten Wahlgang hatte Schelling 43 Stimmen auf sich vereinigen können, was für die notwendige absolute Mehrheit nicht reichte; Wittlinger bekam 38 Stimmen, sogar fünf Regionalräte enthielten sich. Schelling ist nun auf acht Jahre gewählt. Sie leitet künftig die Verwaltung des Verbandes Region Stuttgart (VRS) und ist damit neben dem Regionalpräsidenten Thomas Bopp (CDU) wichtigste Person der Region. Noch ist unklar, wann sie ihr Amt antreten kann.

In ihrer Rede sprach Nicola Schelling, die derzeit noch das Europareferat der baden-württembergischen Landesvertretung in Brüssel leitet, mehrere Themen an, um die sie sich intensiv kümmern möchte. So kämpfe die Region Stuttgart gegen eine nachlassende wirtschaftliche Dynamik und gegen das Fehlen von Fachkräften an. Hier gelte es, die Bemühungen zu intensivieren. Bei der Energiewende wolle sie die Bürger mitnehmen und deren Vertrauen gewinnen: „Als frühere Richterin stehe ich dafür, faire Lösungen zu entwickeln.“

Schreinerlehre und Jurastudium

Daneben wolle sie ihre Erfahrungen in der Europapolitik nutzen und zum Beispiel einen besseren Austausch von „Best practice“-Modellen ermöglichen: So könne die Region ihre sehr guten Strukturen in Europa bekannter machen und gleichzeitig von anderen Region lernen. Sie könne ihre Expertise als Juristin einbringen, sie sei erfahren in der politischen Kommunikation, und sie stehe für den Ausgleich von Interessen, sagte die neue Regionaldirektorin in der etwa zehnminütigen Vorstellungsrede.

Nicola Schelling ist in Stuttgart geboren und in Degerloch und Möhringen zur Schule gegangen. Sie hat zuerst eine Schreinerlehre absolviert, studierte dann Jura, arbeitete als Richterin und Staatsanwältin, wechselte 2002 ins Staatsministerium in Stuttgart und ist seit 2010 in Brüssel tätig, zunächst als Leiterin der Landesvertretung, jetzt als Stellvertreterin. Die promovierte Juristin ist verheiratet.

Matthias Wittlinger sprach ein aktuelles Problem an

Schon vor der gestrigen Regionalversammlung hatte sich abgezeichnet, dass es schwer für Matthias Wittlinger werden würde. Die meisten Fraktionen hatten die Abstimmung freigegeben, so dass nicht einmal die CDU geschlossen für das CDU-Mitglied Wittlinger gestimmt haben dürfte. Nach der schwierigen Ära der vorherigen Regionaldirektorin, bei deren Wahl vor fünf Jahren Parteibuch und Geschlecht eine wichtige Rolle gespielt hatten, wollten viele Regionalräte jetzt eine reine Persönlichkeitswahl.

Matthias Wittlinger hatte in seiner Rede betont, dass er als parlamentarischer Berater und seit 2005 als Bürgermeister viel Erfahrung habe bei Planungsprozessen und wisse, dass eine gute Zusammenarbeit aller Ebenen wichtig sei: „Am Anfang meiner Arbeit bei der Region steht deshalb, ein gutes Verhältnis zu schaffen zwischen Regionalverband und Landkreisen und Kommunen.“ Wittlinger sprach damit ein aktuelles Problem an: Da der Regionalverband mehr Kompetenzen verlangt im öffentlichen Nahverkehr, ist das Verhältnis zwischen VRS und Landkreisen sehr angespannt. Matthias Wittlinger könne nach dem knappen Wahlausgang erhobenen Hauptes nach Uhingen zurückkehren, sagte Regionalpräsident Thomas Bopp. Dort hatten viele Gemeinderäte schon verkündet, dass sie alles andere als traurig wären, wenn Wittlinger weiter Bürgermeister in Uhingen bliebe.

Auf die neue Regionaldirektorin wartet viel Arbeit. Neben dem angesprochenen Streit um den Nahverkehr muss der Regionalverband auch den umweltverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien hinbekommen. Derzeit stellt der Verband das Planungsrecht für Windkraftanlagen auf.

Insgesamt hatten sich auf das Amt des Regionaldirektors 56 Personen beworben.