Einer verbotenen Mädchenklasse und einer begabten unbekannten Künstlerin auf der Spur sind die Ebersbacher Grünenwald-Kenner.

Region: Corinna Meinke (com)

Ebersbach - Eine echte Rarität präsentiert das kleine Grünenwald-Museum in Ebersbach-Bünzwangen. Es geht um eine Vater-Tochter-Coproduktion. Das neu erworbene Gemälde „Kinder mit Geißen“ stammt nämlich aus den Händen von Jakob wie Agnes Grünenwald. Damit präsentiert das in seiner Art einmalige Museum erstmals auch ein Werk der bis dato nahezu unbekannten Tochter des aus Bünzwangen stammenden Genremalers. Die Anschaffung möglich gemacht hat der Ebersbacher Verein „Bücher tun Gutes“.

 

Die Tochter hat die Gesichter gemalt

„Die Gesichter der Kinder hat auf jeden Fall Agnes Grünenwald gemalt“, da ist sich Uwe Geiger, der Leiter des Ebersbacher Stadtmuseums und Stadtarchivs, sicher. Die künstlerische Handschrift der 1861 in München geborenen Grünenwaldtochter haben Geiger und die beiden ehrenamtlichen Bünzwanger Museumsleiter Dieter und Dora Hettfleisch bereits studiert, als sie in diesem Jahr eine Skizzenmappe mit Arbeiten von Agnes Grünenwald gekauft haben. Das künstlerische Talent seiner Tochter hat der Maler wohl früh erkannt, denn Grünenwald unterrichtete Agnes.

Saß Agnes in der verbotenen Mädchenklasse?

Es sei auch stark anzunehmen, dass Agnes in der Mädchenklasse gesessen habe, die ihr Vater in München heimlich eingerichtet hatte, sagt Geiger. Im 19. Jahrhundert sei die akademische Ausbildung als Künstlerin Frauen noch verboten gewesen. „Wir wissen leider fast gar nichts von dieser Malerin“, berichtet Geiger weiter und verweist auf die schlechte Quellenlage zu der Künstlerin, die vermutlich wie ihr Vater 1877 von München nach Stuttgart zog, weil Jakob Grünenwald als Professor an die Stuttgarter Kunstschule berufen wurde. Bekannt sei lediglich, dass die unverheiratete Agnes ihrem Vater den Haushalt geführt habe und Mitglied im Stuttgarter Künstlerbund war.

Dieter Hettfleisch möchte das Schicksal der Malerin weiter erforschen und dazu bei Grünenwald-Nachfahren nachfragen, die früher auf dem Strudelhof in Ottenbach gelebt haben. Hettfleisch lebte als im Krieg ausgesiedeltes Kind selbst einige Jahre auf einem Bauernhof in Ottenbach und kennt wohl aus dieser Zeit eine Grünenwald-Urenkelin, weil er damals auf dem Strudelhof Kühe gehütet hat.

Mit „Kinder mit Geißen“ sowie den Erwerbungen „Bildnis eines Jungen in Tracht“ und „Ausritt“ steigt die Zahl der Grünenwald-Originale in der Bünzwanger Gedächtnisstätte auf 50 Werke und wächst damit zur wohl größten öffentlichen Sammlung, vermutet Dieter Hettfleisch.

Der Verein „Bücher tun Gutes“ hat den Kauf ermöglicht

Möglich sei der Erwerb nur gewesen, weil der Ebersbacher Verein „Bücher tun Gutes“ einen vierstelligen Betrag gespendet hat. Die Vereinsvorsitzende Sonja Hollandt bekräftigte ihren Willen, auch künftig neben den Themen Kinder, Jugend und Integration vor allem die kulturelle Bildungsarbeit mit Spenden zu unterstützen.