35 Jahre alt und noch spannend: Ursprünglich wurde der SWF-Krimi „Der gelbe Unterrock“ 1980 nur ein Mal ausgestrahlt – weil er dem Sender nicht gefiel. Jetzt hat der SWR seine Meinung geändert und zeigt den Tatort-Film am Samstag.

Stuttgart - Der Giftschrank. So geheimnisumwittert wie das Wort klingt, könnte es glatt als Titel einer „Tatort“-Folge durchgehen. Verboten! Totenkopf! Versiegelter Umschlag, der beim Schlüsselwart liegt! Aber so spannend es auch klingen mag, es ist natürlich nur eine Metapher. Eine „Tatort“-Folge , die im Giftschrank liegt, ist lediglich mit einem senderinternen Sperrvermerk versehen und darf bis auf weiteres nicht ausgestrahlt werden.

 

Sechs sogenannte „Giftschrank“-Folgen schlummern derzeit noch in den Archiven –mal aus lizenz-, persönlichkeitsrechtlichen oder ganz anderen Gründen. Einer der „verbotenen“ Filme wurde vom SWF produziert und im Februar 1980 zum ersten Mal – und gleichzeitig zum bis jetzt letzen Mal – im Fernsehen ausgestrahlt: „Der gelbe Unterrock“ mit Nicole Heesters als Oberkommissarin Buchmüller.

Darin wird ein Kleiderfetischist verdächtigt, während des Mainzer Karnevals die hübsche Marianne Klefisch ermordet zu haben. Ein Beweis ist der gelbe Unterrock der Frau, der bei ihm gefunden wird. Kommissarin Marianne Buchmüller wird bei ihren Ermittlungen vom Vater der Toten behindert, der in den Wirren des Karnevals den vermeintlichen Täter selber richten will.

Ab ins Archiv!

Was sich liest wie eine stinknormale Krimihandlung, wurde allerdings nicht nur von den Zuschauern als Diskreditierung des Karnevals beanstandet, sondern auch vom Programmbeirat der ARD einfach als so schlecht und skurril empfunden, dass von den damaligen sendeverantwortlichen Redakteuren umgehend die Verbannung des „Unterrocks“ in den Giftschrank angeordnet wurde.

Die heutige SWR-Fernsehfilmchefin Martina Zöllner ist damals noch zur Schule gegangen und hat sich die ganzen Vorgänge aus dem Archiv geholt. „Wir zeigen ja seit längerem und ganz erfolgreich in unserem Dritten ganz alte ‚Tatort’-Folgen und sind bei der Sichtung der Listen auch auf diese eine mit dem Sperrvermerk gestoßen“, erzählt Martina Zöllner.

Sie habe sich den „gelben Unterrock“ dann angeschaut und daraufhin entschieden, ihn wieder ins Programm zu nehmen: „Ich kann nicht sagen, dass er ausgesprochen gut ist, er ist aber auch nicht ganz schlecht“, sagt Zöllner, deren erste Reaktion nach der Sichtung sowieso so klang: „Mein Gott, ist der langsam!“

Mini-Auftritt von Barbara Sukowa

Das Erzähltempo von anno dazumal, das meilenweit entfernt ist vom heutigen Schnellschnitt, spricht im ersten Moment nicht für die Folge. Einen Film erst nach der Ausstrahlung für ungut zu befinden, spricht dagegen weder für die Verantwortlichen noch für das Material. Auch die Tatsache, dass auf tatort-fundus.de, dem Fan-Blog, „Der gelbe Unterrock“ zur zweitschlechtesten Folge aller Zeiten gewählt wurde, ist nicht unbedingt gute Werbung. Und dass er bei seiner Ausstrahlung 1980 14,12 Millionen Zuschauer erreichte – das entspricht einem Marktanteil von 43 Prozent, ist auch nur aus heutiger Sicht ein richtiges Kompliment. Damals waren rund sechzig Prozent Marktanteil an der „Tatort“-Tagesordnung.

Wie man nun auf die Idee kommt, trotz all der Widersprüche, eine Kommissarin aus dem Dornröschenschlaf zu wecken? „Generell“, schickt Martina Zöllner vorweg, „kommen die uralten Folgen gut an, weil man mit und von ihnen in eine vergangene, entschleunigte Welt mitgenommen wird, in der man auch einmal zuhause war. Es ist wie eine filmische Reise in die eigene Erinnerung.“ Die 35 Jahre alte Folge „Der gelbe Unterrock“ rund um die erste Frau, die in einem „Tatort“ ermittelt, im speziellen habe gute Dialoge, gute Schauspieler, „es gibt einen psychologisch interessanten Täter und eine ziemlich coole Ermittlerin, die weiß, was sie will und sich von den Männern um sie herum nichts vormachen lässt“. Außerdem gibt es nette Schmankerl zu entdecken, wie den Auftritt von Barbara Sukowa in einer Mini-Nebenrolle oder die Lupe, mit der 1980 die Spurensicherung tatsächlich noch arbeitete.

Der 109. von bisher 984 Fällen sei zusammengefasst einfach ein spannendes Zeitdokument, „an dem man di e Veränderungen ablesen kann, denen unsere Gesellschaft unterworfen ist. Ich finde es wichtig zu zeigen, wie sehr sich der Zeitgeist, unsere Sprache, unsere Wertvorstellungen über all die Jahre gewandelt haben“.