Drei junge Feuerwehrmänner sollen 2013 und 2014 mehr als 60 Mal die Feuerwehr alarmiert haben, ohne dass es einen Grund dafür gab. Nun müssen sie sich wegen des Missbrauchs von Notrufen vor Gericht verantworten.

Ludwigsburg - Im Klinikum, im Marstall-Center und im Landratsamt, in Schulen, Pflegeheimen und Geschäften: mindestens 62 Mal sollen drei 22 und 23 Jahre alte Männer zwischen April 2013 und April 2014 grundlos den Feueralarm in öffentlichen Gebäuden in Ludwigsburg aktiviert haben. Das Pikante daran: alle drei waren damals selbst Mitglieder der Feuerwehr und rückten mit zu den jeweiligen Einsätzen aus. Nun müssen sie sich wegen des Missbrauchs von Notrufen vor dem Amtsgericht Ludwigsburg verantworten.

 

Die Fehlalarme waren damals offenbar ein großes Thema bei der Feuerwehr. Einem Kommandanten zufolge brodelte die Gerüchteküche. Der zunächst nicht erklärbare Anstieg von Fehlalarmen habe enorme Unruhe ausgelöst, sagte er vor Gericht. Zudem sei die Belastung durch die zusätzlichen Einsätze so groß geworden, dass manche Wehrleute gar nicht mehr bei jeder Alarmierung erschienen seien. Deshalb sei zeitweise sogar die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr gefährdet gewesen.

Zwei der drei Angeklagten legen ein Geständnis ab

Beim Prozessauftakt am Dienstag war der Gerichtssaal voll besetzt. Unter dem großen Publikumsinteresse gaben der 23-jährige Angeklagte und einer der 22-Jährigen – der eine wohnt im Rems-Murr-Kreis, der andere im Kreis Ludwigsburg – alle Vorwürfe zu. Irgendwann im Frühjahr 2013 habe er zusammen mit dem dritten Angeklagten begonnen, immer wieder in öffentlichen Gebäuden einen Alarmknopf zu drücken oder mit Deospray einen Rauchmelder zu aktivieren, berichtete der 22-Jährige am Dienstag vor Gericht. Anschließend habe man sich stets auf dem schnellsten Weg zur Feuerwache begeben, um bei dem folgenden Einsatz ganz vorn dabei zu sein. Es sei vor allem der Adrenalinkick gewesen, der sie zu immer neuen Taten motiviert habe.

Der 23-Jährige schilderte etwas andere Motive. Er soll erst einige Monate später zu dem Team gestoßen sein, gestand aber, sich dann an den Taten beteiligt zu haben. Allerdings hauptsächlich, um wieder Anschluss zu den beiden alten Freunden zu bekommen: „Ich wollte wieder zu der Clique gehören“, erklärte der junge Mann wieder und wieder vor Gericht.

Der dritte im Bunde stritt vor Gericht jedoch jegliche Schuld ab. Er sei an keinem einzigen der Fehlalarme beteiligt gewesen und könne sich überhaupt nicht erklären, warum seine einstigen Freunde das behaupten würden, erklärte der 22-Jährige mehrfach. Allerdings überzeugte diese Aussage den Richter Ulf Hiestermann offenbar nicht. „Einer lügt hier im Saal, und zwar so richtig heftig“, sagte er – und fügte hinzu, er könne nicht erkennen, inwiefern es den beiden Mitangeklagten nützen könnte, ihn zu Unrecht zu bezichtigen.

Familie ist offenbar mit Feuerwehr verbandelt

Doch der 22-Jährige blieb bei seiner Aussage. Zudem bestätigten seine Eltern und sein Bruder, die allesamt als Zeugen aussagten, seine Glaubwürdigkeit und versuchten, ihm für verschiedene Tatzeitpunkte ein Alibi zu verschaffen. Doch Hiestermann blieb skeptisch, hakte immer wieder kritisch nach und wollte mehrfach wissen, ob der junge Angeklagte überhaupt die Chance hätte, die Taten einzuräumen. Schließlich sei seine Familie derart eng mit der Feuerwehr verbandelt, dass ein solches Geständnis vermutlich eine familieninterne Katastrophe wäre, mutmaßte der Richter.

Auch die Zeugen nahm Hiestermann ordentlich in die Mangel. Dabei stellte sich heraus, dass die meisten von ihnen offenbar von der Familie des Angeklagten dazu angehalten worden waren, sich für verschiedene Tatzeitpunkte Gedanken über ein mögliches Alibi für den 22-Jährigen zu machen. Nun sollen noch weitere Zeugen gehört werden. Der Prozess wird am 1. März um 10.30 Uhr fortgesetzt.