Vor dem Landgericht muss sich ein 42-Jähriger verantworten, der eine Bekannte brutal vergewaltigt haben soll. Die Staatsanwaltschaft hält den Mann für so gefährlich, dass sie Sicherungsverwahrung beantragt hat.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Erstmals seit einigen Jahren hat die Staatsanwaltschaft in einem Prozess am Landgericht bei einem Angeklagten auf eine Gefängnisstrafe samt anschließender Sicherungsverwahrung plädiert: Im Fall eines 42 Jahre alten Mannes, der vorigen Sommer in Bad Cannstatt eine 48 Jahre alte Frau vergewaltigt, zusammengeschlagen und ihr dabei mit dem Tod gedroht haben soll, fordert die Anklage nicht nur eine zehnjährige Gefängnisstrafe. Im Anschluss soll der Angeklagte überdies so lange hinter Gittern bleiben, bis er nach menschlichem Ermessen keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt.

 

Erst im Laufe des Verfahrens war ans Licht gekommen, dass der 42 Jahre alte Maurer mehrfach einschlägig vorbestraft ist. Bei den früher abgeurteilten Taten war er ähnlich brutal vorgegangen wie mutmaßlich im Fall von Bad Cannstatt. Der Angeklagte hatte im Prozess am Rande erwähnt, dass er in seinem Job mehrere Jahre lang nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und in seinem Heimatland gewesen sei. Als die Richter bei den Strafbehörden der beiden Länder nachfragten, wurde bekannt, dass der Mann wegen drei brutaler sexueller Übergriffe auf zwei Frauen und ein elf Jahre altes Mädchen sowie weitere diverse gewalttätige Raubüberfälle bereits mehr als zehn Jahre hinter Gittern gesessen hat.

Stundenlanges Martyrium

Frau soll dem Täter stundenlang ausgeliefert gewesen sein

Im Fall von Stuttgart soll das Opfer dem 42-Jährigen stundenlang ausgeliefert gewesen sein. Der Mann und die Frau hatten sich im Juli 2014 in einem Tanzcafé in Bad Cannstatt kennengelernt. Dabei soll sich der 42-Jährige der Zufallsbekanntschaft als Informatiker ausgegeben und angeboten haben, deren defekten Computer wieder zum Laufen zu bringen. In der Wohnung sei der Mann aber gleich zudringlich geworden. Als die Frau die Avancen jedoch abgewiesen habe, sei der 42-Jährige über sie hergefallen, so die Staatsanwaltschaft. Das Martyrium habe drei Stunden gedauert, in denen der Mann die Frau mehrfach vergewaltigt, geschlagen und getreten, sie gewürgt und gedroht habe, sie umzubringen. Erst als der Mann auf dem Balkon eine Zigarette rauchte, habe die Frau fliehen können. Nackt schrie sie im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses um Hilfe. Ein Nachbar alarmierte schließlich die Polizei.

Der Angeklagte verteidigte sich indes damit, dass der Sex einvernehmlich gewesen sei. Er arbeite nebenberuflich als Prostituierter. Für 200 Euro sei er mit zu der Frau gegangen. Nach dem Geschlechtsverkehr habe sich die 48-Jährige geweigert, ihm das Geld zu geben, und ihn beleidigt. Da sei er ausgerastet und habe sie geschlagen, um seinen Lohn zu bekommen.

Das Opfer ist traumatisiert

Der Angeklagte soll seelisch schwer gestört sein

Der von Hämatomen übersäte Körper der Frau ist dokumentiert. Ein Psychiater und eine Psychologin attestierten ihr eine posttraumatische Belastungsstörung, die von Ängsten, Schlaflosigkeit und Depressionen geprägt ist. Zurzeit wird die Frau wieder stationär behandelt. In ihre Wohnung zurückkehren möchte sie nicht.

Im Prozess sagte der psychiatrische Gutachter aus, dass von dem Angeklagten eine große Gefahr für die Allgemeinheit ausgehe – wenn die Anklage zutreffe. Unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorstrafen habe der 42-Jährige dann offenbar eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Diese sei geprägt von einem gravierenden Empathiedefizit, einer niedrigen Schwelle zur Gewaltanwendung und einer schweren sexuellen Störung. Der Sachverständige kam zum Schluss, dass von dem Mann ohne Therapieerfolge weitere schwerste Gewalttaten zu erwarten seien.

Der Prozess wird am Dienstag mit dem Plädoyer der Verteidigung und dem letzten Wort des Angeklagten fortgesetzt. Ob am selben Tag ein Urteil fällt, ist offen.