Mittlerweile vertreiben fünf Stromanbieter mit Sitz im Kreis Strom aus regenerativen Energiequellen. Doch mit den Fotovoltaik-, Biogas- oder Wind- und Wasserkraftanlagen im Filstal und auf der Alb hat der nichts zu tun.

Kreis Göppingen - Das Albwerk in Geislingen gilt im Kreis als Platzhirsch in Sachen Strom. Auf Geislinger Dächern speisen Fotovoltaikanlagen Energie ins Albwerk-Netz. An der Fils surren die Turbinen der Wasserkraftanlagen, auf der Alb drehen sich die Rotoren der Windräder und am Albtrauf werden Blockheizwerke mit Biogas gespeist. Millionen Kilowattstunden Strom aus regenerativen Energiequellen kommen aus dem Einzugsgebiet des Albwerks in Umlauf. Kein Wunder, dass der Energieversorger auch Ökostrom anbietet. Allerdings hat das Tarifprodukt für die Verbraucher mit dem regional erzeugten Naturstrom rein gar nichts zu tun.

 

Power aus norwegischen Kraftwerken

Was Otto Normalverbraucher unter dem zertifizierten Ökostrom-Siegel OK-Power vom Albwerk beziehen kann, ist Strom aus Wasserkraftwerken. Immerhin ist das Albwerk ehrlich genug, den Tarif Albline-Aqua zu nennen und somit keinen Etikettenschwindel zu betreiben, so lange man nicht darauf verfällt, zu meinen das Aqua flösse die Hänge der Alb hinab.

„Das Stromgeschäft ist sehr abstrakt, vergleichbar mit dem bargeldlosen Girokonto“, erklärt Philipp Laxander vom Albwerk. Es gehe nicht darum, den lokal erzeugten Strom möglichst lokal zu verbrauchen. „Strom ist Strom, das können sie nicht verschicken wie ein Päckchen“, so Laxander. Vielmehr handele man mit Abnahmemengen und Konzessionen. So wird der rund um Geislingen produzierte Strom auf der Strombörse in Leipzig international gehandelt. „Unser Albline-Aqua wiederum basiert auf Konzessionen norwegischer Wasserkraftwerke“, erläutert er das Prinzip, welches übrigens zwei weitere Stromanbieter aus dem Kreis ebenfalls nutzen.

Beim Albwerk kaufen auch andere ein

Beim Stauferwerk, an dem die Städte Eislingen und Donzdorf sowie Ottenbach gemeinsam mit dem Albwerk beteiligt sind, heißt die 100 Prozent-Naturstrom-Variante mit ok-power-Siegel „Stauferstrom natürlich“ und ist nichts anderes als Albwerks-albine-aqua-Strom, also... aus Norwegen. Und auch am Bollwerk, dem kommunalen Bad Boller Energieunternehmen, ist das Albwerk beteiligt. So vertreibt das Bollwerk im Voralbgebiet keineswegs Voralbstrom. sondern – richtig – norwegische Wasser-ok-power, die in der Bädergemeinde „Bollwerk Natur“ heißt. „Alle Strommenge, die das Stauferwerk oder das Bollwerk vertreiben, werden über das Albwerk beschafft. Unsere Netze und der dort eingespeiste Strom haben mit dem Vertrieb nichts zu tun“, erklärt Christian Gropp, der Geschäftsführer sowohl des Stauferwerks als auch des Bollwerks ist.

Suenergie vom Oberrhein

Dass Strom irgendwie nicht nur begrifflich nah am Wasser gebaut ist, zeigt auch das zertifizierte Ökostrom-Angebot der Süßener Suenergie. Der kommunale Anbieter, an dem neben der Stadt auch die EnbW beteiligt ist, vertreibt ausschließlich klimaneutralen Strom. Erklärtes Ziel ist es aber, bis zum Jahr 2020 umgerechnet auch 50 Prozent der Strommenge, die in der Stadt insgesamt verbraucht wird, auch selbst aus regenerativen Energien zu gewinnen. Dafür beteiligt sich das Unternehmen unter anderem an Windparks in Deutschlands Norden. Der Suenergie Natur-Strom ist jedoch zu 100 Prozent mit Wasserkraft erzeugt, nach Auskunft des Vertriebs in Kraftwerken am Oberrhein.

Schweizer Stausee angezapft

Bleibt noch die Göppinger Energieversorgung Filstal (EVF). Auch von der EVF kann man Ökostrom beziehen. Unter dem Label Barbarossa-Ökostrom verbirgt sich allerdings ein Energiemix, an dem auch zu rund 14 Prozent Strom beteiligt ist, der mit Gasturbinen erzeugt wird, in der Regel in kleinen Blockheizkraftwerken. Außerdem werden mit Turbinen die Druckunterschiede in Ferngas- und Fernwasserleitungen in Strom umgemünzt.

Im EVF-Tarif Barbarossa-Ökostrom Plus ist der mit Erdgas erzeugte Strom nicht enthalten. Es wird ausschließlich Wasserkraftstrom mit Zertifikaten aus Kraftwerken am elsässischen Oberrhein, am Inn und an der großen Staumauer Grand Dixence oberhalb der Rhone in der Schweiz vertrieben. Immerhin gibt die EVF darüber auch in Produktbeschreibungen ausführlich Auskunft.

werPreislich liegen die Ökostromtarife aus dem Kreis Göppingen eng beieinander. Im bundesweiten Vergleich zählen sie weder zu den Dumpinganbietern, noch zum teuersten Segment. Bis auf Suenergie bieten übrigens alle Stromanbieter aus dem Kreisgebiet mehrere Tarife auch mit konventionell erzeugtem Strom an. Die Naturstromvarianten gibt es oft mit der Möglichkeit, zusätzliche Klimacents zu berappen, die ausschließlich für den Ausbau regenerativer Energien genutzt werden sollen, oder mit Preisbindung auf 12 bis 24 Monate und so weiter und so fort.